Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Wettbewerb. Artikel 82 EG. Begriff des Unternehmens. Wirtschaftliche Tätigkeit. Internationale Organisation. Missbrauch einer beherrschenden Stellung

 

Beteiligte

Selex Sistemi Integrati / Kommission und Eurocontrol

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

SELEX Sistemi Integrati SpA

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die SELEX Sistemi Integrati SpA trägt außer ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Hälfte der Kosten der Europäischen Organisation für Flugsicherung (Eurocontrol).

3. Die Europäische Organisation für Flugsicherung trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 23. Februar 2007,

SELEX Sistemi Integrati SpA mit Sitz in Rom (Italien), Prozessbevollmächtigte: F. Sciaudone, R. Sciaudone und D. Fioretti, avvocati,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci und F. Amato als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Europäische Organisation für Flugsicherung (Eurocontrol), vertreten durch Rechtsanwälte F. Montag und T. Wessely,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter K. Schiemann, P. Kūris (Berichterstatter) und L. Bay Larsen sowie der Richterin C. Toader,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2008,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 3. Juli 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantrag die SELEX Sistemi Integrati SpA (im Folgenden: Selex oder Rechtsmittelführerin) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Dezember 2006, Selex Sistemi Integrati/Kommission (T-155/04, Slg. 2006, II-4797, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung oder Abänderung der Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Februar 2004 abgewiesen hat, durch die ihre Beschwerde wegen eines angeblichen Verstoßes der Europäischen Organisation für Flugsicherung (Eurocontrol) gegen die Wettbewerbsbestimmungen des EG-Vertrags zurückgewiesen worden war (im Folgenden: streitige Entscheidung).

I – Vorgeschichte des Rechtsstreits

Rz. 2

Selex ist seit 1961 auf dem Gebiet des Luftverkehrsmanagements tätig. Am 28. Oktober 1997 reichte sie bei der Kommission gemäß Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), eine Beschwerde ein, mit der sie geltend machte, dass Eurocontrol eine beherrschende Stellung missbrauche und Wettbewerbsverzerrungen verursache.

Rz. 3

In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass die Regelung der Rechte des geistigen Eigentums im Zusammenhang mit den von Eurocontrol geschlossenen Verträgen über die Entwicklung und den Erwerb der Prototypen neuer Systeme und Ausrüstungen für das Luftverkehrsmanagement geeignet sei, faktische Monopole in der Herstellung der Systeme zu schaffen, die anschließend Gegenstand einer Normung durch Eurocontrol seien. Dieser Sachverhalt sei umso schwerwiegender, als Eurocontrol beim Erwerb dieser Prototypen nicht die Grundsätze der Transparenz, der Öffnung und der Nichtdiskriminierung beachte. In der Beschwerde war weiter dargelegt, dass die Unternehmen, die die Prototypen geliefert hätten, infolge der Unterstützungstätigkeit, die Eurocontrol den nationalen Verwaltungen auf deren Ersuchen erbringe, bei den öffentlichen Ausschreibungen, die die nationalen Behörden für den Erwerb von Ausrüstungen veranstalteten, im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern in einer besonders vorteilhaften Lage seien.

Rz. 4

Mit der streitigen Entscheidung wies die Kommission die Beschwerde zurück. In dieser Entscheidung stellte die Kommission zunächst fest, dass die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln grundsätzlich auf internationale Organisationen anwendbar seien, sofern die in Frage stehenden Tätigkeiten als wirtschaftliche Tätigkeiten eingestuft werden könnten. Die in der Beschwerde bezeichneten Tätigkeiten seien aber keine wirtschaftlichen Tätigkeiten, so dass Eurocontrol nicht als Unternehmen im Sinne von Art. 82 EG angesehen werden könne. Jedenfalls liefen diese Tätigkeiten diesem Artikel nicht zuwider. Da die von Eurocontrol ausgeübten Tätigkeiten der Ausarbeitung von Vorschriften, der Normung und der Validierung keine „Tätigkeiten eines Unternehmens” seien, sei ein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln durch Eurocontrols Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Prototypen und mit der Verwaltung der Rechte des geistigen Eigentums nicht feststellbar. Die Tätigkeit der Unterstützung der na...

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