Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Grundsätze des Unionsrechts. Loyale Zusammenarbeit. Verfahrensautonomie. Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität. Nationale Rechtsvorschriften, die einen Rechtsbehelf vorsehen, der im Fall einer Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten die Erneuerung eines Strafverfahrens ermöglicht. Pflicht, dieses Verfahren auf Fälle einer behaupteten Verletzung unionsrechtlich verankerter Grundrechte zu erstrecken. Fehlen

 

Beteiligte

XC u.a

XC

YB

ZA

 

Tenor

Das Unionsrecht, insbesondere die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität, ist dahin auszulegen, dass es ein nationales Gericht nicht verpflichtet, einen Rechtsbehelf des nationalen Rechts, mit dem nur im Fall einer Verletzung der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder eines ihrer Zusatzprotokolle die Erneuerung eines durch eine rechtskräftige nationale Entscheidung abgeschlossenen Strafverfahrens erreicht werden kann, auf Verletzungen des Unionsrechts zu erstrecken, insbesondere auf Verletzungen des durch Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 54 des am 19. Juni 1990 in Schengen (Luxemburg) unterzeichneten und am 26. März 1995 in Kraft getretenen Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen garantierten Grundrechts.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 23. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Mai 2017, in einem Verfahren über ein Rechtshilfeersuchen in Strafsachen in Bezug auf

XC,

YB,

ZA,

Beteiligte:

Generalprokuratur,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter), der Kammerpräsidentin C. Toader, des Kammerpräsidenten F. Biltgen sowie der Richter M. Ilešič, E. Levits, L. Bay Larsen, M. Safjan, D. Šváby, C. G. Fernlund, C. Vajda und S. Rodin,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll, K. Ibili und G. Eberhard als Bevollmächtigte,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und G. Tornyai als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Krämer und R. Troosters als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Juni 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 4 Abs. 3 EUV und der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtshilfeverfahrens in Strafsachen, das bei den österreichischen Justizbehörden auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Schweiz) in Bezug auf XC, YB und ZA eingeleitet wurde, die im Verdacht stehen, in der Schweiz Steuerhinterziehung nach dem schweizerischen Mehrwertsteuergesetz und andere strafbare Handlungen begangen zu haben.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 50 des am 19. Juni 1990 in Schengen (Luxemburg) unterzeichneten und am 26. März 1995 in Kraft getretenen Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. 2000, L 239, S. 19, im Folgenden: SDÜ), der zu Titel III Kapitel 2 „Rechtshilfe in Strafsachen”) dieses Übereinkommens gehört, sieht vor:

„Die Vertragsparteien verpflichten sich, Rechtshilfe nach Maßgabe [des am 20. April 1959 in Straßburg unterzeichneten Europäischen Übereinkommens über Rechtshilfe in Strafsachen (SEV Nr. 30) und des Benelux-Übereinkommens über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen vom 27. Juni 1962 in der Fassung des Protokolls vom 11. Mai 1974] zu leisten wegen Verstößen gegen die gesetzlichen Bestimmungen und Vorschriften im Bereich der Verbrauchsteuern, der Mehrwertsteuern und des Zolls. Als Zollgesetze gelten die in Artikel 2 des Übereinkommens zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über die gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen vom 7. September 1967 aufgeführten Vorschriften sowie die in Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1468/81 des Rates vom 19. Mai 1981 [betreffend die gegenseitige Unterstützung der Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenar...

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