Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse. Aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im Baugewerbe (‚fijo de obra’). Begriff ‚sachliche Gründe’, die die Verlängerung solcher Verträge rechtfertigen. Unternehmensübergang. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer. Eintritt in die Arbeitsverträge gemäß den Bestimmungen eines Tarifvertrags. Tarifvertrag, nach dem übergegangene Arbeitnehmer nur diejenigen Rechte und Pflichten haben, die sich aus ihrem letzten Vertrag mit dem ausscheidenden Unternehmen ergeben

 

Normenkette

Richtlinie 1999/70/EG; Richtlinie 2001/23/EG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge Paragraf 5

 

Beteiligte

Obras y Servicios Públicos und Acciona Agua

EV

Obras y Servicios Públicos SA

Acciona Agua SA

 

Tenor

1. Paragraf 5 Nr. 1 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, im Einklang mit allen anwendbaren Regeln des nationalen Rechts zu beurteilen, ob die Begrenzung der Beschäftigung befristet beschäftigter Arbeitnehmer aufgrund von ”fijo de obra”-Verträgen durch dasselbe Unternehmen an verschiedenen Arbeitsstätten in derselben Provinz auf – außer unter besonderen Umständen – drei aufeinanderfolgende Jahre und die Gewährung einer Entschädigung bei Vertragsbeendigung an diese Arbeitnehmer – sofern das nationale Gericht feststellt, dass diese Maßnahmen tatsächlich in Bezug auf diese Arbeitnehmer getroffen werden – Maßnahmen darstellen, die geeignet sind, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden, oder „gleichwertige gesetzliche Maßnahmen” im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung sind. Jedenfalls kann eine solche nationale Regelung von den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats nicht in der Weise angewandt werden, dass die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter ”fijo de obra”-Arbeitsverträge allein deshalb als durch „sachliche Gründe” im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt angesehen wird, weil jeder dieser Verträge in der Regel für eine einzige Baustelle unabhängig von ihrer Dauer geschlossen wird, da eine solche nationale Regelung den betreffenden Arbeitgeber in der Praxis nicht daran hindert, durch eine solche Verlängerung einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf zu decken.

2. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nach der bei einem Personalübergang im Rahmen öffentlicher Aufträge das eintretende Unternehmen nur diejenigen Rechte und Pflichten des übergegangenen Arbeitnehmers zu beachten hat, die sich aus dem letzten Vertrag ergeben, den dieser Arbeitnehmer mit dem ausscheidenden Unternehmen geschlossen hat, nicht entgegensteht, sofern die Anwendung dieser Regelung nicht zu einer Verschlechterung der Lage dieses Arbeitnehmers allein aufgrund dieses Übergangs führt, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Social n° 14 de Madrid (Arbeits- und Sozialgericht Nr. 14 Madrid, Spanien) mit Entscheidung vom 4. Juli 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Juli 2019, in dem Verfahren

EV

gegen

Obras y Servicios Públicos SA,

Acciona Agua SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Kumin (Berichterstatter), des Richters P. G. Xuereb und der Richterin I. Ziemele,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von EV, vertreten durch F. Luján de Frías, abogado,
  • der Obras y Servicios Públicos SA, vertreten durch F. J. Berriatua Horta, abogado,
  • der Acciona Agua SA, vertreten durch J. Revoiro Mingo, abogado,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch J. Rodríguez de la Rúa Puig als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek, B.-R. Killmann und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Paragraf 4 Nr. 1 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), die im An...

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