Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialpolitik. Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Richtlinie 80/987/EWG in der durch die Richtlinie 2002/74/EG geänderten Fassung. Art. 3 Abs. 1 und Art. 10 Buchst. a. In einem außergerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindungszahlung wegen rechtswidriger Kündigung. Zahlung durch eine Garantieeinrichtung. Zahlung, die den Erlass einer gerichtlichen Entscheidung voraussetzt. Grundsätze der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung

 

Beteiligte

Robledillo Núñez

Maira María Robledillo Núñez

Fondo de Garantía Salarial (Fogasa)

 

Tenor

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in der durch die Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat Entschädigungen, die wegen rechtswidriger Kündigung gewährt werden, von der nach dieser Bestimmung durch die Garantieeinrichtung geleisteten Zahlungsgarantie ausschließen kann, wenn die Entschädigungen durch einen außergerichtlichen Vergleich zuerkannt werden, und dass ein solcher objektiv gerechtfertigter Ausschluss eine zur Vermeidung von Missbrauch notwendige Maßnahme im Sinne von Art. 10 Buchst. a der Richtlinie ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Juzgado de lo Social Único de Algeciras (Spanien) mit Entscheidung vom 18. September 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Dezember 2006, in dem Verfahren

Maira María Robledillo Núñez

gegen

Fondo de Garantía Salarial (Fogasa)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters G. Arestis, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász und T. von Danwitz (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2007,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der spanischen Regierung, vertreten durch J. Rodríguez Cárcamo und B. Plaza Cruz als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Enegren und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23) in der durch die Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 (ABl. L 270, S. 10) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 80/987).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Robledillo Núñez und dem Fondo de Garantía Salarial (Lohngarantiefonds, im Folgenden: Fogasa) wegen dessen Weigerung, der Betroffenen im Rahmen seiner subsidiären Haftung eine Entschädigung wegen der ihr ausgesprochenen rechtswidrigen Kündigung zu leisten, deren Zahlung in einem außergerichtlichen Vergleich zwischen Frau Robledillo Núñez und ihrem Arbeitgeber vereinbart worden war.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Rz. 3

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 80/987 bestimmt, dass „[d]iese Richtlinie … für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber [gilt], die zahlungsunfähig im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 sind”.

Rz. 4

Nach ihrem Art. 2 Abs. 2 lässt die Richtlinie das einzelstaatliche Recht bezüglich der Begriffsbestimmung der Wörter „Arbeitnehmer”, „Arbeitgeber”, „Arbeitsentgelt”, „erworbenes Recht” und „Anwartschaftsrecht” unberührt.

Rz. 5

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 80/987 lautet:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen sicherstellen, einschließlich, sofern dies nach ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehen ist, einer Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.”

Rz. 6

Art. 10 Buchst. a und b der Richtlinie 80/987 bestimmt:

„Diese Richtlinie steht nicht der Möglichkeit der Mitgliedstaaten entgegen,

  1. die zur Vermeidung von Missbräuchen notwendigen Maßnahmen zu treffen;
  2. die in Artikel 3 vorgesehene Zahlungspflicht oder die in Artikel 7 vorgesehene Garantiepflicht abzulehnen oder einzuschränken, wenn sich herausstellt, dass die Erfüllung der Verpflichtung wegen des Bestehens besonderer Bindungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber und gemeinsamer Interessen, die sich in einer Kollusion zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber ausdrücken, nicht gerechtfertigt ist.”

Rz. 7

Die Richtlinie 2002/74 trat nach ihrem Art. 3 am 8. Oktober 2002 in Kraft.

Spanisches Recht

Die Ansprüche, deren Befriedigung der Fogasa über...

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