Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik über befristete Arbeitsverträge. Öffentlicher Sektor. Sekundarlehrer. Einstellung befristet beschäftigter Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst im Wege eines Einstellungsverfahrens auf der Grundlage von Befähigungsnachweisen. Bestimmung des Dienstalters. Teilweise Anrechnung von im Rahmen befristeter Arbeitsverträge zurückgelegten Dienstzeiten

 

Normenkette

Richtlinie 1999/70/EG; EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung § 4

 

Beteiligte

Motter

Chiara Motter

Provincia autonoma di Trento

 

Tenor

Paragraf 4 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die vorsieht, dass zum Zweck der Einstufung eines Arbeitnehmers in eine Vergütungsgruppe bei seiner Einstellung als Berufsbeamter auf der Grundlage von Befähigungsnachweisen die im Rahmen befristeter Arbeitsverträge zurückgelegten Dienstzeiten bis zu vier Jahren vollständig und darüber hinaus teilweise – zu zwei Dritteln – angerechnet werden, grundsätzlich nicht entgegensteht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale di Trento (Gericht Trient, Italien) mit Entscheidung vom 18. Juli 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 3. August 2017, in dem Verfahren

Chiara Motter

gegen

Provincia autonoma di Trento

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. G. Fernlund (Berichterstatter) sowie der Richter S. Rodin und E. Regan,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Motter, vertreten durch W. Miceli, F. Ganci, V. De Michele, E. De Nisco, S. Galleano und G. Rinaldi, avvocati,
  • der Provincia autonoma di Trento, vertreten durch N. Pedrazzoli, L. Bobbio, A. Pizzoferrato, M. Dalla Serra und M. Velardo, avvocati,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. Fiandaca, C. Colelli und G. D'Avanzo, avvocati dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und G. Gattinara als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Paragraf 4 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. 1999, L 175, S. 43) enthalten ist.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Chiara Motter und der Provincia autonoma di Trento (Autonome Provinz Trient, Italien) wegen der Berechnung ihres Dienstalters im Zeitpunkt des Abschlusses eines unbefristeten Arbeitsvertrags mit dieser.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Gemäß Paragraf 1 der Rahmenvereinbarung soll diese zum einen durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessern und zum anderen einen Rahmen schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse verhindert.

Rz. 4

Paragraf 2 der Rahmenvereinbarung lautet:

  1. „Diese Vereinbarung gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder -verhältnis gemäß der gesetzlich, tarifvertraglich oder nach den Gepflogenheiten in jedem Mitgliedstaat geltenden Definition.
  2. Die Mitgliedstaaten, nach Anhörung der Sozialpartner, und/oder die Sozialpartner können vorsehen, dass diese Vereinbarung nicht gilt für:

    1. Berufsausbildungsverhältnisse und Auszubildendensysteme/Lehrlingsausbildungssysteme;
    2. Arbeitsverträge und -verhältnisse, die im Rahmen eines besonderen öffentlichen oder von der öffentlichen Hand unterstützten beruflichen Ausbildungs-, Eingliederungs- oder Umschulungsprogramms abgeschlossen wurden.”

Rz. 5

Paragraf 3 der Rahmenvereinbarung lautet:

„Im Sinne dieser Vereinbarung ist:

  1. ‚befristet beschäftigter Arbeitnehmer’ eine Person mit einem direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag oder -verhältnis, dessen Ende durch objektive Bedingungen wie das Erreichen eines bestimmten Datums, die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses bestimmt wird.
  2. ‚vergleichbarer Dauerbeschäftigter’ ein Arbeitnehmer desselben Betriebs mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag oder -verhältnis, der in der gleichen oder einer ähnlichen Arbeit/Beschäftigung tätig ist, wobei auch die Qualifikationen/Fertigkeiten angemessen zu berücksichtigen sind.

Ist in demselben Betrieb kein vergleichbarer Dauerbeschäftigter vorhanden,...

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