Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Übergang von Unternehmen. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer. Anwendungsbereich. Begriffe des Arbeitnehmers und des Betriebsübergangs

 

Normenkette

Richtlinie 2001/23 – Art. 1 Abs. 1 Buchst. b, Art. 2 Abs. 1 Buchst. d

 

Beteiligte

Piscarreta Ricardo

Luís Manuel Piscarreta Ricardo

Portimão Urbis EM SA, in Liquidation

Município de Portimão

Emarp – Empresa Municipal de Águas e Resíduos de Portimão EM SA

 

Tenor

1. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass ein Sachverhalt, bei dem ein kommunales Unternehmen, dessen einziger Anteilseigner eine Gemeinde ist, durch Beschluss des Exekutivorgans dieser Gemeinde aufgelöst wird und seine Tätigkeiten zum Teil auf die Gemeinde zur unmittelbaren Ausübung durch diese und zum Teil auf ein anderes, ebenfalls im Alleinbesitz dieser Gemeinde stehendes kommunales Unternehmen, dessen Satzung zu diesem Zweck geändert wurde, übertragen werden, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, sofern die Identität des betreffenden Unternehmens nach der Übertragung bewahrt wird, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

2. Eine Person wie der Kläger des Ausgangsverfahrens, die aufgrund der Aussetzung ihres Arbeitsvertrags nicht in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis steht, aber aufgrund der betreffenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften offenbar arbeitsrechtlich geschützt ist, fällt unter den Begriff „Arbeitnehmer” im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2001/23; dies ist jedoch vom vorlegenden Gericht zu prüfen. Vorbehaltlich dieser Prüfung sind unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag dieser Person als gemäß Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie auf den Erwerber übergegangen anzusehen.

3. Die dritte vom Tribunal Judicial da Comarca de Faro (Bezirksgericht Faro, Portugal) vorgelegte Frage ist unzulässig.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Judicial da Comarca de Faro (Bezirksgericht Faro, Portugal) mit Entscheidung vom 20. Juli 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juli 2016, in dem Verfahren

Luís Manuel Piscarreta Ricardo

gegen

Portimão Urbis EM SA, in Liquidation,

Município de Portimão,

Emarp – Empresa Municipal de Águas e Resíduos de Portimão EM SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und M. Safjan,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Piscarreta Ricardo, vertreten durch M. Ramirez Fernandes, advogado,
  • der Emarp – Empresa Municipal de Águas e Resíduos de Portimão EM SA, vertreten durch R. Rosa, advogado,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und S. Feio als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. França und M. Kellerbauer als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 Buchst. b und Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. 2001, L 82, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Luís Manuel Piscarreta Ricardo auf der einen Seite und dem kommunalen Unternehmen Portimão Urbis EM SA, in Liquidation (im Folgenden: Portimão Urbis), dem Município de Portimão (Gemeinde Portimão, Portugal) sowie dem kommunalen Unternehmen Emarp – Empresa Municipal de Águas e Resíduos de Portimão EM SA (im Folgenden: Emarp) auf der anderen Seite über die Rechtmäßigkeit der Beendigung des Arbeitsvertrags von Herrn Piscarreta Ricardo.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Richtlinie 2001/23 kodifiziert die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. 1977, L 61, S. 26) in der durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. 1998, L 201, S. 88) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 77/187).

Rz. 4

Die Erwägungsgründe 3 und 8 der Richtlinie 2001/23 lauten:

„(3) Es sind Bestimmungen notwendig, die die Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel schützen und insbesondere die Wahrung ihrer Ansprüche gewährleisten.

(8) Aus Gründen der Recht...

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