Entscheidungsstichwort (Thema)

Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht. Verordnung (EG) Nr. 864/2007. Zeitlicher Anwendungsbereich

 

Beteiligte

Homawoo

Deo Antoine Homawoo

GMF Assurances SA

 

Tenor

Die Art. 31 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II”) in Verbindung mit Art. 297 AEUV sind dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht verpflichtet ist, diese Verordnung nur auf schadensbegründende Ereignisse anzuwenden, die ab dem 11. Januar 2009 eingetreten sind, und dass der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens, mit dem Schadensersatz eingeklagt wird, oder der Zeitpunkt der Bestimmung des anwendbaren Rechts durch das angerufene Gericht keinen Einfluss auf die Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereichs dieser Verordnung haben.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 27. Juli 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 18. August 2010, in dem Verfahren

Deo Antoine Homawoo

gegen

GMF Assurances SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin A. Prechal, des Richters K. Schiemann, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Homawoo, vertreten durch J. Dingemans, QC, M. Zurbrugg und K. Deal, advocates, sowie durch I. Mitchell, Solicitor,
  • der GMF Assurances SA, vertreten durch N. Paines, QC, P. Janusz, advocate, sowie S. Ball und P. Thomas, Solicitors,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth als Bevollmächtigten,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch G. Karipsiadis und T. Papadopoulou als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. September 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 31 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II”) (ABl. L 199, S. 40, im Folgenden: Verordnung) in Verbindung mit Art. 297 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem im Vereinigten Königreich wohnhaften Herrn Homawoo, der während eines Aufenthalts in Frankreich Opfer eines Verkehrsunfalls wurde, und der GMF Assurances SA (im Folgenden: GMF), einer in Frankreich gegründeten und dort ansässigen Versicherungsgesellschaft.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 6, 13, 14 und 16 der Verordnung heißt es:

„(6) Um den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten vorhersehbarer zu machen und die Sicherheit in Bezug auf das anzuwendende Recht sowie den freien Verkehr gerichtlicher Entscheidungen zu fördern, müssen die in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen im Interesse eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts unabhängig von dem Staat, in dem sich das Gericht befindet, bei dem der Anspruch geltend gemacht wird, dieselben Verweisungen zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts vorsehen.

(13) Wettbewerbsverzerrungen im Verhältnis zwischen Wettbewerbern aus der Gemeinschaft sind vermeidbar, wenn einheitliche Bestimmungen unabhängig von dem durch sie bezeichneten Recht angewandt werden.

(14) Das Erfordernis der Rechtssicherheit und die Notwendigkeit, in jedem Einzelfall Recht zu sprechen, sind wesentliche Anforderungen an einen Rechtsraum. …

(16) Einheitliche Bestimmungen sollten die Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen verbessern und einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Personen, deren Haftung geltend gemacht wird, und Geschädigten gewährleisten. …”

Rz. 4

Art. 4 Abs. 1 der Verordnung lautet:

„Soweit in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind.”

Rz. 5

In Art. 15 („Geltungsbereich des anzuwendenden Rechts”) der Verordnung ist bestimmt:

„Das nach dieser Verordnung auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ist insbesondere maßgebend für

c) das Vorliegen, die Art und die Bemessung des Schadens oder der geforderten Wiedergutmachung;

…”

Rz. 6

Art. 28 („Verhältnis zu bestehenden internationalen Übereinkommen”) der Verordnung lautet:

„(1) Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der internationalen Überein...

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