Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Eilvorabentscheidungsverfahren. Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Recht der Mitgliedstaaten, einen Antragsteller in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen. Pflichten des für die Prüfung des Antrags zuständigen Mitgliedstaats im Fall der Wiederaufnahme des Antragstellers. Gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes. Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

 

Normenkette

Richtlinie 2013/32/EU; Verordnung (EU) Nr. 604/2013 Art. 3 Abs. 3, Art. 18

 

Beteiligte

Mirza

Shiraz Baig Mirza

Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal

 

Tenor

1. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat das Recht, eine Person, die um internationalen Schutz nachsucht, in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen, auch ausüben kann, nachdem er im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens anerkannt hat, dass er nach der Verordnung für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, der von einer Person gestellt wurde, die diesen Mitgliedstaat verließ, bevor über ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz in der Sache entschieden worden war.

2. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 604/2013 ist dahin auszulegen, dass er der Zurück- oder Ausweisung einer Person, die um internationalen Schutz nachsucht, in einen sicheren Drittstaat nicht entgegensteht, wenn der Mitgliedstaat, der diese Person in den zuständigen Mitgliedstaat überstellt, während des Wiederaufnahmeverfahrens weder über die im letztgenannten Mitgliedstaat bestehende Regelung der Zurück- oder Ausweisung von Antragstellern in sichere Drittstaaten noch über die Praxis seiner zuständigen Behörden in diesem Bereich unterrichtet wurde.

3. Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 604/2013 ist dahin auszulegen, dass er im Fall der Wiederaufnahme einer Person, die um internationalen Schutz nachsucht, nicht vorschreibt, dass das Verfahren zur Prüfung ihres Antrags in dem Stadium wieder aufgenommen wird, in dem es eingestellt worden war.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Debreceni Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Debrecen, Ungarn) mit Entscheidung vom 18. Dezember 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Dezember 2015, in dem Verfahren

Shiraz Baig Mirza

gegen

Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Lycourgos, E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter) sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwältin: J. Kokott

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Mirza, vertreten durch R. Miskolczi, B. Pohárnok, T. Fazekas und G. Győző, ügyvédek,
  • des Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal, vertreten durch Á. Szép als Bevollmächtigten,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und G. Koós als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und T. Henze als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. de Ree als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Condou-Durande und A. Tokár als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 8. März 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 3 Abs. 3 und 18 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180, S. 31, im Folgenden: Dublin-III-Verordnung).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Mirza und dem Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal (Amt für Einwanderung und Staatsangehörigkeit, im Folgenden: Amt) wegen dessen Entscheidung, den von Herrn Mirza gestellten Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen und ihn aus Ungarn abzuschieben.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Dublin-III-Verordnung

Rz. 3

Der zwölfte Erwägungsgrund der Dublin-III-Verordnung lautet:

„Die Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes [ABl. L 18...

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