Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 90/314/EWG. Pauschalreisen. Art. 7. Schutz gegen das Risiko der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses des Pauschalreiseveranstalters. Geltungsbereich. Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters, weil er die von den Verbrauchern gezahlten Beträge in betrügerischer Absicht verwendet hat

 

Beteiligte

Blödel-Pawlik

Jürgen Blödel-Pawlik

HanseMerkur Reiseversicherung AG

 

Tenor

Art. 7 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen ist dahin auszulegen, dass ein Sachverhalt, bei dem die Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters auf dessen betrügerisches Verhalten zurückzuführen ist, in den Geltungsbereich dieses Artikels fällt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 2. März 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 18. März 2011, in dem Verfahren

Jürgen Blödel-Pawlik

gegen

HanseMerkur Reiseversicherung AG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan sowie der Richter A. Borg Barthet (Berichterstatter) und J.-J. Kasel,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Blödel-Pawlik, vertreten durch Rechtsanwalt M. Sauren,
  • der HanseMerkur Reiseversicherung AG, vertreten durch Rechtsanwalt G. Heinemann,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch T. Materne und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vlácil als Bevollmächtigte,
  • der estnischen Regierung, vertreten durch M. Linntam als Bevollmächtigte,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch K. Paraskevopoulou und I. Bakopoulos als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. Ventrella, avvocato dello Stato,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér Miklós, K. Szíjjártó und Z. Tóth als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch als Bevollmächtigten,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Owsiany-Hornung und S. Grünheid als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (ABl. L 158, S. 59).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Blödel-Pawlik und der HanseMerkur Reiseversicherung AG (im Folgenden: HanseMerkur Reiseversicherung) über deren Weigerung, den Preis für eine Pauschalreise zu erstatten, die vom Verbraucher bezahlt, aber vom Reiseveranstalter nicht durchgeführt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 7, 18, 21 und 22 der Richtlinie 90/314 heißt es:

„Dem Fremdenverkehr kommt eine ständig wachsende Bedeutung im Wirtschaftsleben der Mitgliedstaaten zu. Pauschalreisen bilden einen wichtigen Teil des Fremdenverkehrs. Dieser Zweig des Reisegewerbes in den Mitgliedstaaten würde zu stärkerem Wachstum und erhöhter Produktivität angeregt, wenn es ein Minimum an gemeinsamen Regeln gäbe, um diesen Wirtschaftszweig auf Gemeinschaftsebene zu strukturieren. …

Der Veranstalter und/oder Vermittler, der Vertragspartei ist, hat gegenüber dem Verbraucher die Haftung für die ordnungsgemäße Erfüllung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen zu übernehmen. Ferner haben der Veranstalter und/oder der Vermittler die Haftung für Schäden zu übernehmen, die dem Verbraucher aus der Nichterfüllung oder der mangelhaften Erfüllung des Vertrages entstehen, es sei denn, dass die bei der Ausführung des Vertrages festgestellten Mängel weder auf einem Verschulden ihrerseits noch auf einem Verschulden eines anderen Dienstleistungsträgers beruhen.

Sowohl dem Verbraucher als auch der Pauschalreisebranche wäre damit gedient, wenn der Reiseveranstalter und/oder -vermittler verpflichtet wäre, Sicherheiten für den Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses nachzuweisen.

Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, für den Bereich der Pauschalreisen strengere Vorschriften zum Schutz der Verbraucher zu erlassen oder beizubehalten.”

Rz. 4

Art. 1 der Richtlinie 90/314 bestimmt:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Pauschalreisen (einschließlich Pauschalurlaubsreisen und Pauschalrundreisen), die in der Gemeinschaft verkauft oder zum Kauf angeboten werden.”

Rz. 5

Art. 4 Abs. 6 Unterabs. 1 der Richtlinie 90/314 lautet:

„Wenn der Verbraucher gemäß Absatz 5 vom Vertrag zurücktritt oder wenn ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge