Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Bis zur Kündigung ihres Arbeitsvertrags in eine Arbeitskräftereserve versetzte Beschäftigte. Gehaltskürzung und Kürzung oder Verlust einer Entlassungsentschädigung. Regelung für Beschäftigte des öffentlichen Sektors, die kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand mit vollem Ruhegehalt stehen. Senkung der Lohn- und Gehaltskosten des öffentlichen Sektors. Legitimes Ziel der Sozialpolitik. Wirtschaftliche Krisensituation

 

Normenkette

Richtlinie 2000/78/EG Art. 6 Abs. 1

 

Beteiligte

Olympiako Athlitiko Kentro Athinon

AB

Olympiako Athlitiko Kentro Athinon – Spyros Louis

 

Tenor

Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, nach der die Arbeitnehmer des öffentlichen Sektors, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Voraussetzungen für den Bezug einer vollen Altersrente erfüllen, bis zur Kündigung ihres Arbeitsvertrags in eine Arbeitskräftereserve versetzt werden, was zu einer Herabsetzung ihres Arbeitsentgelts, zum Verlust ihrer Aufstiegschancen und zu einer Kürzung oder gar zum Verlust der Entlassungsentschädigung führt, die ihnen bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zugestanden hätte, nicht entgegenstehen, wenn mit dieser Regelung ein rechtmäßiges Ziel der Beschäftigungspolitik verfolgt wird und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Areios Pagos (Kassationsgerichtshof, Griechenland) mit Entscheidung vom 11. Juni 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Juli 2019, in dem Verfahren

AB

gegen

Olympiako Athlitiko Kentro Athinon – Spyros Louis

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter N. Wahl und F. Biltgen (Berichterstatter), der Richterin L. S. Rossi sowie des Richters J. Passer,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von AB, vertreten durch D. Vervesos und D. Vasileiou, dikigoroi,
  • der Olympiako Athlitiko Kentro Athinon – Spyros Louis, vertreten durch V. Kounelis, dikigoros,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch E.-M. Mamouna, G. Papadaki, A. Dimitrakopoulou und K. Georgiadis als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. November 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen AB und dem Olympiako Athlitiko Kentro Athinon – Spyros Louis (im Folgenden: OAKA) wegen der vor dem Eintritt in den Ruhestand erfolgten Versetzung von AB in die nach dem nationalen Recht vorgesehene Arbeitskräftereserve.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Zweck der Richtlinie 2000/78 ist nach ihrem Art. 1 die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung u. a. wegen des Alters in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.

Rz. 4

Art. 2 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz’, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2) Im Sinne des Absatzes 1

  1. liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;
  2. liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn:

    i) diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich …

…”

Rz. 5

In Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie heißt es:

„Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf

c) ...

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