Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freizügigkeit. Gleichbehandlung. Soziale Vergünstigungen. Finanzielle Studienbeihilfe. Für Studenten, die nicht im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats ansässig sind, geltende Bedingung, dass ihre Eltern für eine ununterbrochene Dauer von mindestens fünf Jahren in diesem Mitgliedstaat unselbständig oder selbständig beruflich tätig gewesen sein müssen. Mittelbare Diskriminierung. Rechtfertigung. Ziel der Erhöhung des Anteils der gebietsansässigen Personen mit Hochschulabschluss. Geeignetheit. Verhältnismäßigkeit

 

Normenkette

EUVO Nr. 492/2011 Art. 7 Abs. 2

 

Beteiligte

Bragança Linares Verruga u.a

Maria do Céu Bragança Linares Verruga

Jacinto Manuel Sousa Verruga

André Angelo Linares Verruga

Ministre de l'Enseignement supérieur et de la Recherche

 

Tenor

Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union ist dahin auszulegen, dass er einer Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die zu dem Zweck, den Anteil der Gebietsansässigen mit Hochschulabschluss zu erhöhen, die Gewährung einer finanziellen Studienbeihilfe für nicht ansässige Studenten davon abhängig macht, dass zumindest einer ihrer Elternteile zum Zeitpunkt der Beantragung der Beihilfe mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen in Luxemburg gearbeitet hat, jedoch keine solche Bedingung für im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats ansässige Studenten vorsieht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal administratif (Verwaltungsgericht, Luxemburg) mit Entscheidung vom 20. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Mai 2015, in dem Verfahren

Maria do Céu Bragança Linares Verruga,

Jacinto Manuel Sousa Verruga,

André Angelo Linares Verruga

gegen

Ministre de l'Enseignement supérieur et de la Recherche

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin A. Prechal, des Richters A. Rosas (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Maria do Céu Bragança Linares Verruga u. a., vertreten durch G. Thomas und L. Urbany, avocats,
  • der luxemburgischen Regierung, vertreten durch D. Holderer als Bevollmächtigte im Beistand von P. Kinsch, avocat,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch M. Wolff und C. Thorning als Bevollmächtigte,
  • der norwegischen Regierung, vertreten durch I. Jansen, C. Anker und M. Schei als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Van Hoof, M. Kellerbauer und D. Martin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Juni 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011, L 141, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, den Frau Maria do Céu Bragança Linares Verruga, Herr Jacinto Manuel Sousa Verruga und Herr André Angelo Linares Verruga gegen den Ministre de l'Enseignement supérieur et de la Recherche (Minister für Hochschulbildung und Forschung, Luxemburg) wegen seiner Weigerung führen, Herrn Linares Verruga eine staatliche finanzielle Studienbeihilfe zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. 1968, L 257, S. 2) in der durch die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (ABl. 2004, L 158, S. 77, mit Berichtigungen in ABl. 2004, L 229, S. 35, und ABl. 2007, L 204, S. 28) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1612/68) wurde mit Wirkung zum 16. Juni 2011 durch die Verordnung Nr. 492/2011 aufgehoben.

Rz. 4

Gemäß Art. 41 Abs. 2 dieser Verordnung gelten Bezugnahmen auf die Verordnung Nr. 1612/68 als Bezugnahmen auf die Verordnung Nr. 492/2011.

Rz. 5

In Art. 7 der letztgenannten Verordnung, der den Wortlaut von Art. 7 der Verordnung Nr. 1612/68 übernommen hat, heißt es:

(1) Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.

(2) Er genießt dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die ...

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