Entscheidungsstichwort (Thema)

Handlungen der Organe. An einen Einzelnen gerichtete Entscheidung der Kommission. Neuartiges Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutat. Entscheidung 2000/196/EG. ‚Stevia rebaudiana Bertoni: Pflanzen und getrocknete Blätter’. Verweigerung der Genehmigung für das Inverkehrbringen. Wirkung gegenüber Dritten

 

Normenkette

EG Art. 249 Abs. 4; Verordnung (EG) Nr. 258/97

 

Beteiligte

Mensch und Natur

Mensch und Natur AG

Freistaat Bayern

 

Tenor

Eine auf der Grundlage von Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten erlassene Entscheidung der Kommission, mit der die Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Lebensmittels oder einer Lebensmittelzutat in der Union verweigert wird, ist gegenüber anderen Personen als der oder denjenigen, an die sie gerichtet ist, nicht verbindlich. Die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats müssen jedoch überprüfen, ob ein im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats vermarktetes Erzeugnis, dessen Eigenschaften denjenigen des Erzeugnisses zu entsprechen scheinen, das Gegenstand dieser Entscheidung der Kommission war, ein neuartiges Lebensmittel oder eine neuartige Lebensmittelzutat im Sinne des Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung darstellt, und gegebenenfalls der betreffenden Person aufgeben, dass sie die Vorschriften dieser Verordnung befolgt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 1. Juli 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 14. August 2009, in dem Verfahren

Mensch und Natur AG

gegen

Freistaat Bayern

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), G. Arestis, J. Malenovský und T. von Danwitz,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Mensch und Natur AG, vertreten durch Rechtsanwalt H. Schmidt,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch E. Leftheriotou und A. Vasilopoulou als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, A. Engman und S. Johannesson als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Pignataro-Nolin und T. Scharf als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. November 2010

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 249 Abs. 4 EG der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (ABl. L 43, S. 1) sowie der Entscheidung 2000/196/EG der Kommission vom 22. Februar 2000 über die Verweigerung der Zulassung von „Stevia rebaudiana Bertoni: Pflanzen und getrocknete Blätter” als neuartige Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutaten gemäß der Verordnung Nr. 258/97 (ABl. L 61, S. 14).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Mensch und Natur AG (im Folgenden: Mensch und Natur) und dem Freistaat Bayern über das Verbot des Inverkehrbringens bestimmter von dieser Gesellschaft vermarkteter Produkte in Deutschland, das damit begründet wird, dass in der Zusammensetzung dieser Produkte Stevia rebaudiana Bertoni (im Folgenden: Stevia) enthalten sei.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Die Verordnung Nr. 258/97

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 1 und 2 der Verordnung Nr. 258/97 lauten:

„(1) Die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über neuartige Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutaten können den freien Verkehr mit Lebensmitteln behindern. Sie können zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führen und dadurch das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes unmittelbar beeinträchtigen.

(2) Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ist dafür Sorge zu tragen, dass neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten einer einheitlichen Sicherheitsprüfung in einem Gemeinschaftsverfahren unterliegen, bevor sie in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht werden. …”

Rz. 4

Art. 1 der genannten Verordnung sieht vor:

„(1) In dieser Verordnung ist das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel und neuartiger Lebensmittelzutaten in der Gemeinschaft geregelt.

(2) Diese Verordnung findet Anwendung auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten in der Gemeinschaft, die in dieser bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und die unter nachstehende Gruppen von Erzeugnissen fallen:

e) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die aus Pflanzen bestehen oder aus Pflanzen isoliert worden sind, und aus Tieren isolierte Lebensmittelzutaten, außer Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten,...

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