Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Rechtsangleichung. In-vitro-Diagnostika. Parallelimport. Übersetzung der Angaben und der Gebrauchsanweisung des Herstellers durch den Importeur. Ergänzendes Konformitätsbewertungsverfahren

 

Normenkette

Richtlinie 98/79/EG

 

Beteiligte

Servoprax

Servoprax GmbH

Roche Diagnostics Deutschland GmbH

 

Tenor

Art. 9 der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika ist dahin auszulegen, dass er den Parallelimporteur eines Produkts zur Eigenanwendung für die Blutzuckerbestimmung, das die CE-Kennzeichnung trägt und von einer benannten Stelle einer Konformitätsbewertung unterzogen worden ist, nicht verpflichtet, eine neue Bewertung vornehmen zu lassen, mit der die Konformität der Kennzeichnung und der Gebrauchsanweisung dieses Produkts wegen ihrer Übersetzung in die Amtssprache des Einfuhrmitgliedstaats bescheinigt werden soll.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 30. April 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Juni 2015, in dem Verfahren

Servoprax GmbH

gegen

Roche Diagnostics Deutschland GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Regan, J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev und C. G. Fernlund (Berichterstatter),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Servoprax GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Merx,
  • der Roche Diagnostics Deutschland GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt U. Grundmann,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und A. Lippstreu als Bevollmächtigte,
  • der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas, A. Svinkūnaitė und R. Butvydytė als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Hermes und P. Mihaylova als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 16. Juni 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika (ABl. 1998, L 331, S. 1, berichtigt in ABl. 1999, L 74, S. 32).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Servoprax GmbH (im Folgenden: Servoprax) und der Roche Diagnostics Deutschland GmbH (im Folgenden: RDD) wegen der Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten In-vitro-Diagnostika in Deutschland.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 3, 5 und 6 der Richtlinie 98/79 lauten:

„(3) Die Angleichung einzelstaatlicher Rechtsvorschriften ist der einzige Weg zur Beseitigung der bestehenden und zur Verhütung neuer Handelshemmnisse. Dieses Ziel lässt sich durch andere Mittel auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten nicht erreichen. Diese Richtlinie beschränkt sich auf die Festlegung notwendiger Mindestanforderungen, um den freien Verkehr der in ihren Geltungsbereich fallenden In-vitro-Diagnostika unter optimalen Sicherheitsbedingungen zu gewährleisten.

(5) In-vitro-Diagnostika müssen Patienten, Anwendern und Dritten einen hochgradigen Gesundheitsschutz bieten und die vom Hersteller ursprünglich angegebenen Leistungen erreichen. Die Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung des in den Mitgliedstaaten erreichten Gesundheitsschutzniveaus ist daher eines der wesentlichen Ziele dieser Richtlinie.

(6) Im Einklang mit den in der Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und Normung festgelegten Grundsätzen [ABl. 1985, C 136, S. 1] müssen sich die Regelungen bezüglich der Auslegung und Herstellung sowie Verpackung einschlägiger Erzeugnisse auf die Bestimmungen beschränken, die erforderlich sind, um den grundlegenden Anforderungen zu genügen. Da es sich um Anforderungen grundlegender Art handelt, müssen diese an die Stelle der entsprechenden einzelstaatlichen Bestimmungen treten. Die grundlegenden Anforderungen, einschließlich der Anforderung, dass die Risiken möglichst gering gehalten bzw. verringert werden müssen, sind mit der nötigen Sorgfalt anzuwenden und müssen der Technologie und Praxis zum Zeitpunkt der Konzeption sowie den technischen und wirtschaftlichen Erwägungen Rechnung tragen, die mit einem hochgradigen Gesundheitsschutz und hohen Maß an Sicherheit zu vereinbaren sind.”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie definiert den Begriff „Hersteller” als

„die natürliche oder juristische Person, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Etikettierung eines Produkts im Hinblick auf das Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten von dieser Person oder stellvertretend für diese von einer dritten Person ausgeführt ...

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