Entscheidungsstichwort (Thema)

Postdienste. Externe Verfahren für die Bearbeitung von Nutzerbeschwerden. Richtlinie 97/67/EG. Art. 19. Geltungsbereich. Ergänzender Charakter der vom nationalen Recht und vom Unionsrecht eröffneten Rechtsbehelfe. Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten. Grenzen. Art. 49 AEUV. Niederlassungsfreiheit

 

Beteiligte

DHL International

DHL International NV, ehemals Express Line NV

Belgisch Instituut voor Postdiensten en Telecommunicatie

 

Tenor

1. Die Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität in ihrer ursprünglichen Fassung sowie in den durch die Richtlinie 2002/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 und die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 geänderten Fassungen ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für die Anbieter von nicht zum Universaldienst gehörenden Postdiensten ein externes Verfahren für die Bearbeitung von Beschwerden der Nutzer dieser Dienste vorschreibt.

2. Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für die Anbieter von nicht zum Universaldienst gehörenden Postdiensten ein externes Verfahren für die Bearbeitung von Beschwerden der Nutzer dieser Dienste vorschreibt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van Beroep te Brussel (Belgien) mit Entscheidung vom 23. März 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 29. März 2010, in dem Verfahren

DHL International NV, ehemals Express Line NV,

gegen

Belgisch Instituut voor Postdiensten en Telecommunicatie

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters J. Malenovský, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Juhász und D. Šváby,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der DHL International NV, ehemals Express Line NV, vertreten durch F. Vandendriessche und J. Roets, advocaten,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von F. Petillion, avocat, und J. Jansen, advocaat,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und P. Van Nuffel als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Mai 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14), insbesondere ihres Art. 19, die Auslegung dieser Richtlinie in der durch die Richtlinie 2002/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 (ABl. L 176, S. 21) geänderten Fassung und in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 (ABl. L 52, S. 3) geänderten Fassung sowie die Auslegung von Art. 49 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der DHL International NV, ehemals Express Line NV (im Folgenden: Express Line), und dem Belgisch Instituut voor Postdiensten en Telecommunicatie (Belgisches Institut für Postdienste und Telekommunikation, im Folgenden: BIPT) über die Entrichtung des Beitrags für den Schlichtungsdienst für den Postsektor, zu der Express Line verpflichtet sein soll.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 10 und 35 der Richtlinie 97/67 lauten:

„(10) Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip ist auf Gemeinschaftsebene ein Bestand an allgemeinen Grundsätzen festzulegen; es ist jedoch den Mitgliedstaaten zu überlassen, die Verfahren im Einzelnen festzulegen und das für ihre Situation geeignetste System zu wählen.

(35) Im Rahmen der Verbesserung der Dienstleistungsqualität müssen etwaige Streitfälle rasch und wirksam bearbeitet werden. Zusätzlich zu den nach einzelstaatlichem Recht oder Gemeinschaftsrecht offen stehenden Rechtsmitteln sollte ein Beschwerdeverfahren vorgesehen werden, das transparent, einfach und kostengünstig und allen beteiligten Parteien zugänglich sein sollte.”

Rz. 4

Art. 2 Nrn. 1, 14 und 17 der Richtlinie 97/67 bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. ‚Postdienste’ die Dienste im Zusammenhang mit der Abholung, dem Sortieren, dem Transport und der Zustellung von Postsendungen;

14. ‚Genehmigung’ jede Erlaubnis, in der für den Postsektor spezielle Rechte und Verpflichtungen festgelegt werden und in der Unternehmen gestattet wir...

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