Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialpolitik. Angleichung der Rechtsvorschriften. Übergang von Unternehmen. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer. Richtlinie 2001/23. Richtlinie 2001/23/EG. Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer. Unternehmensübergang. Begriff des ‚Übergangs’. Leiharbeitsunternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

Voraussetzung dafür, dass die Übernahme von Beschäftigten unter die Richtlinie 2001/23 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen fällt, ist, dass eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit übernommen wurde, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Bei Leiharbeitsunternehmen ist mangels einer abgrenzbaren Organisationsstruktur eine Prüfung vorzunehmen, bei der deren Besonderheiten Rechnung getragen wird, anstatt zu untersuchen, ob ihrer Organisation nach eine wirtschaftliche Einheit vorliegt.

Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie ist somit dahin auszulegen, dass sie anwendbar ist, wenn ein Teil des Verwaltungspersonals und ein Teil der Leiharbeitnehmer zu einem anderen Leiharbeitsunternehmen wechseln, um dort die gleichen Tätigkeiten im Dienst derselben Kunden auszuüben, und wenn, was durch das vorlegende Gericht zu überprüfen ist, die von dem Übergang betroffenen Mittel als solche ausreichen, um die für die in Rede stehende wirtschaftliche Tätigkeit kennzeichnenden Leistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel und ohne Inanspruchnahme anderer Unternehmensteile weiter erbringen zu können.

(vgl. Randnrn. 31 34 38 und Tenor)

 

Normenkette

Richtlinie 2001/23 des Rates Art. 1 Abs. 1

 

Beteiligte

Jouini u.a

Mohamed Jouini

Okay Gönen

Hasan Bajric

Manfred Ortner

Sükran Karacatepe

Franz Mühlberger

Nakil Bakii

Hannes Kranzler

Jürgen Mörth

Anton Schneeberger

Dietmar Susteric

Sascha Wörnhör

Aynur Savci

Elena Peter

Egon Schmöger

Mehmet Yaman

Dejan Preradovic

Andreas Mitter

Wolfgang Sorger

Franz Schachenhofer

Herbert Weiss

Harald Kaineder

Ognen Stajkovski

Jovica Vidovic

Princess Personal Service GmbH (PPS)

 

Tenor

Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie ist somit dahin auszulegen, dass sie anwendbar ist, wenn ein Teil des Verwaltungspersonals und ein Teil der Leiharbeitnehmer zu einem anderen Leiharbeitsunternehmen wechseln, um dort die gleichen Tätigkeiten im Dienst derselben Kunden auszuüben, und wenn, was durch das vorlegende Gericht zu überprüfen ist, die von dem Übergang betroffenen Mittel als solche ausreichen, um die für die in Rede stehende wirtschaftliche Tätigkeit kennzeichnenden Leistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel und ohne Inanspruchnahme anderer Unternehmensteile weiter erbringen zu können.

 

Tatbestand

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis, J. Malenovský (Berichterstatter) und T. von Danwitz,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2006,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Jouini u. a., vertreten durch Rechtsanwälte E. Frischenschlager und D. Gallistl,
  • der Princess Personal Service GmbH (PPS), vertreten durch Rechtsanwalt G. Minichmayr,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer und G. Hesse als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Kreuschitz und J. Enegren als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. März 2007

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82, S. 16).

2 Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits von Herrn Jouini und 24 weiteren Klägern gegen die Princess Personal Service GmbH (PPS) (im Folgenden: PPS) über die Begleichung von Entgeltansprüchen und über die Feststellung des Übergangs der Arbeitsverhältnisse auf die PPS für die Berechnung der Ansprüche.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Die Richtlinie 2001/23 kodifiziert die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26) in der durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 201, S. 88) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 77/187).

4 Der achte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/23 lautet:

„Aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz war es erforderlich, den juristischen Begriff des Übergangs unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu klären. Durc...

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