Entscheidungsstichwort (Thema)

Verordnung (EG) Nr. 44/2001. Artikel 6 Nummer 1. Mehrere Beklagte. In einem Mitgliedstaat erhobene Klage gegen einen dort wohnhaften Erstbeklagten, gegen den Konkurs eröffnet wurde, und einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Zweitbeklagten. Unzulässigkeit der Klage gegen den Erstbeklagten, gegen den Konkurs eröffnet wurde. Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für die Klage gegen den Zweitbeklagten

 

Beteiligte

Reisch Montage

Reisch Montage AG

Kiesel Baumaschinen Handels GmbH

 

Tenor

Artikel 6 Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass sich ein Kläger, der in einem Mitgliedstaat eine Klage gegen einen in diesem Staat wohnhaften Erstbeklagten und einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Zweitbeklagten erhebt, in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens auch dann auf diese Bestimmung berufen kann, wenn die Klage gegen den Erstbeklagten schon zum Zeitpunkt ihrer Erhebung nach nationalem Recht unzulässig ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach den Artikeln 68 EG und 234 EG, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 2. Februar 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Februar 2005, in dem Verfahren

Reisch Montage AG

gegen

Kiesel Baumaschinen Handels GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter J. Makarczyk, P. Kūris, G. Arestis und J. Klučka (Berichterstatter),

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A. Bodard-Hermant als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A.-M. Rouchaud-Joët und S. Grünheid als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. März 2006

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 6 Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Reisch Montage AG (im Folgenden: Reisch) und der Kiesel Baumaschinen Handels GmbH (im Folgenden: Kiesel) über die Zahlung einer Verbindlichkeit in Höhe von 8 689,22 Euro.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Die elfte, die zwölfte und die fünfzehnte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 44/2001 lauten:

„(11) Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. …

(12) Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten muss durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind.

(15) Im Interesse einer abgestimmten Rechtspflege müssen Parallelverfahren so weit wie möglich vermieden werden, damit nicht in zwei Mitgliedstaaten miteinander unvereinbare Entscheidungen ergehen. …”

4 Artikel 2 Absatz 1 der genannten Verordnung in Kapitel II Abschnitt 1 – Allgemeine Vorschriften – lautet:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.”

5 Artikel 3 dieser Verordnung, ebenfalls in Kapitel II Abschnitt 1, lautet:

„(1) Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Kapitels verklagt werden.

(2) Gegen diese Personen können insbesondere nicht die in Anhang I aufgeführten innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften geltend gemacht werden.”

6 Nach Artikel 5 der Verordnung Nr. 44/2001, der in Kapitel II Abschnitt 2 – Besondere Zuständigkeiten – steht, kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, unter bestimmten Voraussetzungen in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden.

7 Ferner bestimmt Artikel 6 dieser Verordnung, ebenfalls in Kapitel II Abschnitt 2:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann auch verklagt werden:

1. wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, vor dem Gericht des Ortes, an dem einer der Beklagten seinen ...

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