Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Begriffe ‚irreführende Werbung’ und ‚vergleichende Werbung’. Nationale Regelung, die irreführende und unzulässige vergleichende Werbung als zwei verschiedene unerlaubte Handlungen behandelt

 

Normenkette

Richtlinie 2006/114/EG

 

Beteiligte

Posteshop

Posteshop SpA – Divisione Franchising Kipoint

Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato

Presidenza del Consiglio dei Ministri

 

Tenor

Die Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung ist in Bezug auf den Schutz von Gewerbetreibenden dahin auszulegen, dass sie irreführende und unzulässige vergleichende Werbung als zwei selbständige Zuwiderhandlungen behandelt und dass es, um eine irreführende Werbung zu untersagen und zu sanktionieren, nicht notwendig ist, dass diese gleichzeitig eine unzulässige vergleichende Werbung darstellt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Italien) mit Entscheidung vom 16. November 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Januar 2013, in dem Verfahren

Posteshop SpA – Divisione Franchising Kipoint

gegen

Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato,

Presidenza del Consiglio dei Ministri,

Beteiligte:

Cg srl,

Tacoma srl,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. G. Fernlund sowie der Richter A. Ó Caoimh und E. Jarašiūunas (Berichterstatter),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Posteshop SpA – Divisione Franchising Kipoint, vertreten durch A. Vallefuoco und V. Vallefuoco, avvocati,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Zadra und M. van Beek als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (kodifizierte Fassung) (ABl. L 376, S. 21).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Posteshop SpA – Divisione Franchising Kipoint (im Folgenden: Posteshop) auf der einen Seite sowie der Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato (Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde, im Folgenden: Autorità) und der Presidenza del Consiglio dei Ministri (Präsidium des Ministerrats) auf der anderen Seite über eine Entscheidung, mit der festgestellt wurde, Posteshop habe irreführende Werbung gemacht.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 1, 3, 8 und 16 bis 18 der Richtlinie 2006/114 sehen vor:

„(1) Die Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung [(ABl. L 250, S. 17)] ist mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden … Aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, sie zu kodifizieren.

(3) Irreführende und unzulässige vergleichende Werbung ist geeignet, zur Verfälschung des Wettbewerbs im Binnenmarkt zu führen.

(8) Vergleichende Werbung kann, wenn sie wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften vergleicht und nicht irreführend ist, ein zulässiges Mittel zur Unterrichtung der Verbraucher über ihre Vorteile darstellen. …

(16) Personen oder Organisationen, die nach dem nationalen Recht ein berechtigtes Interesse an der Angelegenheit haben, müssen die Möglichkeit besitzen, vor Gericht oder bei einer Verwaltungsbehörde, die über Beschwerden entscheiden oder geeignete gerichtliche Schritte einleiten kann, gegen irreführende oder unzulässige vergleichende Werbung vorzugehen.

(17) Die Gerichte oder Verwaltungsbehörden sollten die Befugnis haben, die Einstellung einer irreführenden oder einer unzulässigen vergleichenden Werbung anzuordnen oder zu erwirken. …

(18) Freiwillige Kontrollen, die durch Einrichtungen der Selbstverwaltung zur Unterbindung irreführender und unzulässiger vergleichender Werbung durchgeführt werden, können die Einleitung eines Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens entbehrlich machen und sollten deshalb gefördert werden.”

Rz. 4

Art. 1 der Richtlinie 2006/114 lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist der Schutz von Gewerbetreibenden vor irreführender Werbung und deren unlauteren Auswirkungen sowie die Festlegung der Bedingungen für zulässige vergleichende Werbung.”

Rz. 5

Art. 2 der Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

  1. ‚Werbung’ jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbewegli...

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