Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen. Anwendbare nationale Rechtsvorschriften. Bestimmung des für die Gewährung einer Familienleistung zuständigen Mitgliedstaats. Situation, in der ein Wandererwerbstätiger und seine Familie in einem Mitgliedstaat leben, in dem sie den Mittelpunkt ihrer Interessen haben und in dem eine Familienleistung bezogen wurde. Antrag auf eine Familienleistung im Herkunftsmitgliedstaat nach dem Erlöschen des Rechts auf Leistungen im Wohnmitgliedstaat. Nationale Rechtsvorschriften des Herkunftsmitgliedstaats, die die Gewährung solcher Leistungen an Personen vorsehen, die in diesem Staat mit einem Wohnsitz gemeldet sind

 

Normenkette

Verordnung (EWG) Nr. 1408/71; Verordnung (EG) Nr. 883/2004

 

Beteiligte

Ministerstvo práce a sociálních věcí

B

 

Tenor

1. Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates geänderten Fassung – und insbesondere ihr Art. 13 – ist dahin auszulegen, dass sie dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat aufgrund des bloßen Umstands, dass eine Person in seinem Staatsgebiet einen registrierten Wohnsitz hat, ohne dass sie und ihre Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat gewöhnlich arbeiten oder wohnen, als der Staat angesehen wird, der für die Gewährung einer Familienleistung an diese Person zuständig ist. Art. 13 dieser Verordnung ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat, der nicht der zuständige Mitgliedstaat für eine bestimmte Person ist, auch verwehrt, dieser Person Familienleistungen zu gewähren, es sei denn, es besteht eine eindeutige und besonders enge Verknüpfung zwischen der in Rede stehenden Situation und dem Staatsgebiet dieses erstgenannten Mitgliedstaats.

2. Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in der durch die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 geänderten Fassung – und insbesondere ihr Art. 11 – ist dahin auszulegen, dass sie dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat aufgrund des bloßen Umstands, dass eine Person in seinem Staatsgebiet einen registrierten Wohnsitz hat, ohne dass sie und ihre Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat gewöhnlich arbeiten oder wohnen, als der Staat angesehen wird, der für die Gewährung einer Familienleistung an diese Person zuständig ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Nejvyšší správní soud (Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 2. Mai 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Juli 2013, in dem Verfahren

Ministerstvo práce a sociálních věcí

gegen

B.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan sowie der Richterinnen A. Prechal (Berichterstatterin) und K. Jürimäe,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau B., vertreten durch V. Soukup, advokát,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch T. Papadopoulou als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und P. Neměčková als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 76 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1), in der durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 (ABl. L 177, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) sowie von Art. 87 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166, S. 1, und – Berichtigung – ABl. 2004, L 200, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 (ABl. L 284, S. 43) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 883/2004).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Ministerstvo práce a sociálních věcí (Ministerium für Arbeit und Soziales) und Fr...

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