Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlagefragen im Rahmen der Klage einer Betreiberin einer Grube, in der in erster Linie Chrom gewonnen wird, gegen die Genehmigungsbedingungen. Im Bergbau bei der Erzgewinnung anfallendes Nebengestein bzw. bei der Erzaufbereitung anfallende Sandrückstände als Abfall im Sinne der Richtlinie 75/442/EWG. Ort der Lagerung als maßgebliche Kriterien für die Einstufung als Abfall. Unterscheidung zwischen Rückständen, die ohne vorherige Bearbeitung im Gewinnungsverfahren zur erforderlichen Auffüllung der Grubenstollen verwendet werden, und den sonstigen Rückständen im Sinne der Richtlinie 75/442/EWG. Begriff der „anderen Rechtsvorschriften” im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 75/442

 

Beteiligte

AvestaPolarit Chrome (früher Outokumpu Chrome)

AvestaPolarit Chrome (früher Outokumpu Chrome Oy)

 

Verfahrensgang

KHO (Finnland)

 

Tenor

1. In einer Situation wie derjenigen des Ausgangsverfahrens entledigt sich der Besitzer von im Bergbau anfallendem Nebengestein und von bei der Erzaufbereitung anfallenden Sandrückständen dieser Stoffe oder will sich ihrer entledigen, und diese sind daher als Abfall im Sinne der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 einzustufen, es sei denn, der Besitzer verwendet sie rechtmäßig zur erforderlichen Auffüllung der Stollen der betreffenden Grube und erbringt ausreichende Garantien dafür, dass die für diese Verwendung bestimmten Stoffe gekennzeichnet und tatsächlich diesem Zweck zugeführt werden.

2. Nationale Rechtsvorschriften sind, soweit sie keine Maßnahme zur Durchführung der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156, insbesondere von Artikel 11, darstellen, unabhängig vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens als andere Rechtsvorschriften im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie für eine der dort genannten Abfallgruppen anzusehen, wenn sie die Bewirtschaftung der fraglichen Abfälle als Abfälle im Sinne von Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie betreffen und zu einem Umweltschutzniveau führen, das dem mit der Richtlinie angestrebten zumindest gleichwertig ist.

 

Gründe

1.

Das Korkein hallinto-oikeus (finnisches Oberstes Verwaltungsgericht) hat mit Beschluss vom 5. März 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 14. März 2001, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 1 Buchstabe a und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39) in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32) (nachstehend: Richtlinie 75/442) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Fragen stellen sich im Rahmen einer Klage der Outokumpu Chrome Oy, inzwischen AvestaPolarit Chrome Oy (nachstehend: Klägerin), Betreiberin einer Grube, in der in erster Linie Chrom gewonnen wird, gegen die Bedingungen, unter denen der Betrieb dieser Grube vom Lapin Ympäristökeskus (Umweltamt Lappland, nachstehend: Umweltamt) genehmigt worden war.

Gemeinschaftsregelung

3.

Artikel 1 Buchstabe a Unterabsatz 1 der Richtlinie 75/442 definiert Abfall als alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.

4.

Artikel 1 Buchstabe c der Richtlinie 75/442 definiert Besitzer als der Erzeuger der Abfälle oder die natürliche oder juristische Person, in deren Besitz sich die Abfälle befinden.

5.

Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 75/442 definiert Bewirtschaftung als das Einsammeln, die Beförderung, die Verwertung und die Beseitigung der Abfälle, einschließlich der Überwachung dieser Vorgänge sowie der Überwachung der Deponien nach deren Schließung.

6.

In Anhang I der Richtlinie 75/442 mit der Überschrift Abfallgruppen sind unter Q11 aufgeführt: Bei der Förderung und der Aufbereitung von Rohstoffen anfallende Rückstände (z. B. im Bergbau, bei der Erdölförderung usw.). Unter Q16 sind aufgeführt: Stoffe oder Produkte aller Art, die nicht einer der oben erwähnten Gruppen angehören.

7.

Nach Artikel 1 Buchstabe a Unterabsatz 2 der Richtlinie 75/442 hat die Kommission ein Verzeichnis der unter die Abfallgruppen in Anhang I fallenden Abfälle zu erstellen. Aufgrund dieser Bestimmung erließ die Kommission mit der Entscheidung 94/3/EG vom 20. Dezember 1993 über ein Abfallverzeichnis gemäß Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 75/442 (ABl. 1994, L 5, S. 15) einen Europäischen Abfallkatalog (European Waste Catalogue, nachstehend: EWC), in dem u. a. Abfälle aus der Exploration, der Gewinnung und der Nach- bzw. Weiterbearbeitung von Mineralien sowie Steinen und Erden aufgeführt sind. In der Einleitung zum EWC heißt es:

Dieses Verzeichnis … gilt für alle Abfälle, ungeachtet dessen, ob sie zur Beseitigung oder zur Verwertung bestimmt sind. Der EWC ist ein harmonisiertes, nicht erschöpfendes Verzeichnis von Abfällen, d. h. ein Verzeichnis, das … regelmäßig überprüft und gegebenenfalls geändert wird. Die ...

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