Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Begriff ‚Fahrzeug’. Pflicht zur Deckung von Sachschäden. Tragweite. Verkehrsunfall, an dem ein Sattelkraftfahrzeug beteiligt ist, dessen Bestandteile bei unterschiedlichen Pflichtversicherungen versichert sind. Schäden, die eine Sattelzugmaschine an einem Sattelanhänger, der bei dem Unfall an diese angekoppelt war, verursacht hat. Auslegung der nationalen Regelung, die ausschließt, dass die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung der Sattelzugmaschine diese Schäden deckt

 

Normenkette

Richtlinie 2009/103/EG Art. 1 Nrn. 1, Art. 1 Nrn. 2, Art. 3 Abs. 1-2, 4

 

Beteiligte

Van Ameyde España

Van Ameyde España SA

GES, Seguros y Reaseguros SA

 

Tenor

Art. 3 Abs. 1, 2 und 4 in Verbindung mit Art. 1 Nrn. 1 und 2 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahin auszulegen, dass er einer Auslegung einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach der Sachschaden, den eine Sattelzugmaschine an einem Sattelanhänger, der bei dem Unfall an sie angekoppelt war, verursacht hat, nicht von der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung der Sattelzugmaschine abgedeckt ist und folglich nicht ersetzt wird.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 28. November 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Dezember 2019, in dem Verfahren

Van Ameyde España SA

gegen

GES, Seguros y Reaseguros SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter M. Ileśić, E. Juhász, C. Lycourgos und I. Jarukaitis (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Van Ameyde España SA, vertreten durch M. I. Castizo Reyes, procuradora, und V. Muñoz Mundina, abogado,
  • der GES, Seguros y Reaseguros SA, vertreten durch A. M. Álvarez-Buylla Ballesteros, procurador, und J. A. Moreno Martínez de Azcoytia, abogado,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch M. J. Ruiz Sánchez als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe und J. Rius als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Februar 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 letzter Absatz in Verbindung mit Art. 1 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. 2009, L 263, S. 11).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Van Ameyde España SA (im Folgenden: Van Ameyde) und der GES, Seguros y Reaseguros SA (im Folgenden: GES Seguros) betreffend eine Klage auf den Ersatz von Sachschäden an einem Sattelanhänger, die bei einem Verkehrsunfall entstanden sind, an dem ein Sattelkraftfahrzeug beteiligt war.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 1 bis 3 und 20 der Richtlinie 2009/103 lauten:

„(1) Die Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht [(ABl. 1972, L 103, S. 1)], die Zweite Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung [(ABl. 1984, L 8, S. 17)], die Dritte Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung [(ABl. 1990, L 129, S. 33)] und die Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (Vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie) [(ABl. 2000, L 181, S. 65)] wurden mehrfach und erheblich geändert. Aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, die vier genannten Richtlinien wie auch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 zur Änderung der Richtlinien [72/166], [84/5], 88/357/EWG und [90/232] des Rates sowie der Richtlinie [2000/26] des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung [(ABl. 2005, L 149, S. 14)] zu kodifizieren.

(2) Die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (Kfz-Haftpflichtversicherung) ist für die europäischen Bürger – sowohl für die Versicherungsnehmer als auch für die Opfer von Verkehrsunfällen – von besonderer Bedeutung. Sie ist auch für die Versicherungsunternehmen von erheblichem Intere...

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