Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Zollunion. Zollkodex der Gemeinschaften. Aktiver Veredelungsverkehr. Zollrechtlich freier Verkehr. Entstehung einer Zollschuld. Berechnung der Schuld. Begriff ‚Bemessungsgrundlagen’. Berücksichtigung einer Zollpräferenzmaßnahme

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 121 Abs. 1

 

Beteiligte

Exter

Staatssecretaris van Financiën

Exter BV

 

Verfahrensgang

Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) (Beschluss vom 19.04.2019; ABl. EU 2019, Nr. C 238/9)

 

Tenor

Art. 121 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass er der Anwendung einer zu einem ermäßigten Zollsatz führenden Zollpräferenzmaßnahme entgegensteht, die zum Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung zur Überführung der Waren in den aktiven Veredelungsverkehr in Kraft war, aber zum Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung dieser Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ausgesetzt war.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 19. April 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 23. April 2019, in dem Verfahren

Staatssecretaris van Financiën

gegen

Exter BV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. G. Xuereb sowie der Richter T. von Danwitz und A. Kumin (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Exter BV, vertreten durch M. Boekhoud,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und M. H. S. Gijzen als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und P. Vanden Heede als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 121 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen, Niederlande) und der Exter BV über die Anwendung einer Zollpräferenzmaßnahme.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Der Zollkodex wurde mit Wirkung vom 1. Mai 2016 durch die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. 2013, L 269, S. 1, berichtigt durch ABl. 2013, L 287, S. 90, und ABl. 2016, L 267, S. 2) aufgehoben und ersetzt. In Anbetracht des für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Zeitpunkts findet der Zollkodex in der vorliegenden Rechtssache jedoch weiterhin Anwendung.

Rz. 4

Art. 20 des Zollkodex bestimmte:

„(1) Die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen sich auf den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften.

(3) Der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst:

a) die Kombinierte Nomenklatur;

c) die Regelzollsätze und die anderen Abgaben, die für die in der Kombinierten Nomenklatur erfassten Waren gelten, und zwar

– die Zölle …

d) die Zollpräferenzmaßnahmen aufgrund von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und bestimmten Ländern oder Ländergruppen, in denen eine Zollpräferenzbehandlung vorgesehen ist;

e) die Zollpräferenzmaßnahmen, die von der Gemeinschaft einseitig zugunsten bestimmter Länder, Ländergruppen oder Gebiete erlassen worden sind;

f) die autonomen Aussetzungsmaßnahmen, mit denen die bei der Einfuhr bestimmter Waren geltenden Zollsätze herabgesetzt oder ausgesetzt werden;

g) die sonstigen in anderen Gemeinschaftsregelungen vorgesehenen zolltariflichen Maßnahmen.

…”

Rz. 5

In Art. 114 unter D „Aktive Veredelung”) des Zollkodex hieß es:

„(1) Im aktiven Veredelungsverkehr können unbeschadet des Artikels 115 folgende Waren im Zollgebiet der Gemeinschaft einem oder mehreren Veredelungsvorgängen unterzogen werden:

  1. Nichtgemeinschaftswaren, die zur Wiederausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft in Form von Veredelungserzeugnissen bestimmt sind, und zwar, ohne dass für diese Waren Einfuhrabgaben erhoben oder handelspolitische Maßnahmen angewandt werden;
  2. in den zollrechtlichen freien Verkehr übergeführte Waren, für die die Einfuhrabgaben erstattet oder erlassen werden, wenn die Waren in Form von Veredelungserzeugnissen aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführt werden.

(2) Im Sinne dieser Verordnung sind oder ist

a) Nichterhebungsverfahren: der aktive Veredelungsverkehr in der in Absatz 1 Buchstabe a) vorgesehenen Form;

c) Veredelungsvorgänge:

  • die Bearbeitung von Waren einschließlich ihrer Montage, Zusammensetzung und Anpassung an andere Waren;
  • die Verarbeitung von Waren;
  • die Ausbesserung von Waren einschließlich ihrer Instandsetzung und Regulier...

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