Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftliches Versandverfahren, Ablauf der 3-Monatsfrist zum Nachweis der ordnungsgemäßen Durchführung, Keine Möglichkeit der Gewährung eines Einspruchs nach Fristablauf

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 11a Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1062/87 der Kommission vom 27. März 1987 zur Durchführung und Vereinfachung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens, geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1429/90 der Kommission vom 29. Mai 1990, ist dahin auszulegen, dass der Mitgliedstaat, zu dem die Abgangszollstelle gehört, dem Hauptverpflichteten die Dreimonatsfrist, innerhalb deren er den Nachweis der ordnungsgemäßen Durchführung des Versandverfahrens oder den Nachweis, wo die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen worden ist, erbringen kann, nicht nach Erlass der Entscheidung, die Eingangsabgaben zu erheben, in einem Verfahren über einen gegen diese Entscheidung eingelegten Einspruch gewähren darf.

 

Normenkette

EWGV 1062/87 Art. 11a Abs. 2

 

Beteiligte

Gerlach

Gerlach und Co. mbH

Hauptzollamt Frankfurt (Oder)

 

Verfahrensgang

FG des Landes Brandenburg (Beschluss vom 12.10.2005; Aktenzeichen 4 K 1805/98 Z)

 

Tatbestand

„Zollunion ‐ Gemeinschaftliches Versandverfahren ‐ Nachweis der ordnungsgemäßen Durchführung des Versandverfahrens oder des Ortes der Zuwiderhandlung ‐ Dreimonatsfrist ‐ Fristsetzung nach Erlass der Entscheidung über die Erhebung der Eingangsabgaben“

In der Rechtssache C-44/06

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht des Landes Brandenburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. Oktober 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Januar 2006, in dem Verfahren

Gerlach und Co. mbH

gegen

Hauptzollamt Frankfurt (Oder)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten R. Schintgen sowie der Richter A. Tizzano (Berichterstatter) und A. Borg Barthet,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Gerlach und Co. mbH, vertreten durch G. Schemmann im Beistand von Rechtsanwalt T. Krüger,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Hottiaux als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt B. Wägenbaur,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11a Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1062/87 der Kommission vom 27. März 1987 zur Durchführung und Vereinfachung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens (ABl. L 107, S. 1), geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1429/90 der Kommission vom 29. Mai 1990 (ABl. L 137, S. 21), (im Folgenden: Verordnung Nr. 1062/87).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gerlach & Co. mbH (im Folgenden: Gerlach) und dem Hauptzollamt Frankfurt (Oder) (im Folgenden: Hauptzollamt) über die Erhebung von Eingangsabgaben.

Gemeinschaftsrecht

3

Zu der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit war das gemeinschaftliche Versandverfahren zum einen in der Verordnung (EWG) Nr. 222/77 des Rates vom 13. Dezember 1976 über das gemeinschaftliche Versandverfahren (ABl. 1977, L 38, S. 1), geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 474/90 des Rates vom 22. Februar 1990 (ABl. L 51, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 222/77), und zum anderen in der Verordnung Nr. 1062/87 geregelt.

4

Art. 36 Abs. 1 der Verordnung Nr. 222/77 bestimmt:

„Wird festgestellt, dass im Verlauf eines gemeinschaftlichen Versandverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat Zuwiderhandlungen begangen worden sind, so werden hierdurch fällig gewordene Zölle und andere Abgaben ‐ unbeschadet der Strafverfolgung ‐ von diesem Mitgliedstaat nach dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhoben.“

5

Für den Fall, dass der Ort der Zuwiderhandlung nicht feststeht, enthalten die Abs. 2 und 3 dieses Artikels eine Reihe von Vermutungen zur Vermeidung von Zuständigkeitskonflikten.

6

Im Einzelnen bestimmt Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 222/77:

„Wenn die Sendung nicht der Bestimmungszollstelle gestellt worden ist und der Ort der Zuwiderhandlung nicht ermittelt werden kann, gilt diese Zuwiderhandlung

‐ als in dem Mitgliedstaat begangen, zu dem die Abgangszollstelle gehört, oder

‐ als in dem Mitgliedstaat begangen, zu dem die Eingangszollstelle in der Gemeinschaft gehört und bei der ein Grenzübergangsschein abgegeben wurde,

es sei denn, den zuständigen Behörden wird innerhalb einer noch festzulegenden Frist glaubhaft nachgewiesen, dass das Versandverfahren ordnungsgemäß verlaufen ist, bzw. der Nachweis geliefert, wo die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen worden ist.

Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht und gilt diese Zuwiderhandlung weiterhin als in dem Abgangsmitgliedstaat oder in dem Eingangsmitgliedstaat im Sinne von Unterabsatz 1 zweiter Gedankenstrich begangen, so werden die für die betreffenden Waren geltenden Zölle und anderen Abgaben von diesem Mitgliedstaat entsprechend dessen Rech...

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