Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialpolitik. Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Richtlinie 80/987/EWG. Änderungsrichtlinie 2002/74/EG. In einem Vergleich vereinbarte Entlassungsentschädigung. Durch die Garantieeinrichtung sichergestellte Zahlung. Zahlung, die den Erlass einer gerichtlichen Entscheidung voraussetzt

 

Beteiligte

Cordero Alonso

Anacleto Cordero Alonso

Fondo de Garantía Salarial (Fogasa)

 

Tenor

1. Wenn ein Mitgliedstaat vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 80/987/EWG in seinem innerstaatlichen Recht dem Arbeitnehmer in Bezug auf eine Abfindung bei Vertragsbeendigung einen Anspruch auf Schutz durch die Garantieeinrichtung im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers gewährt hat, so fällt die Anwendung der entsprechenden Vorschriften bei einer nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in den Anwendungsbereich der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in ihrer durch die Richtlinie 2002/74 geänderten Fassung.

2. Im Anwendungsbereich der Richtlinie 80/987 in ihrer durch die Richtlinie 2002/74 geänderten Fassung verlangt der allgemeine Gleichheitsgrundsatz, so wie er in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannt ist, dass, wenn nach einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden gesetzliche Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsvertrags, die in einem Urteil zuerkannt wurden, im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers von der Garantieeinrichtung zu tragen sind, Abfindungen derselben Art, die in einer vor einem Gericht mit dessen Genehmigung geschlossenen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgelegt wurden, in gleicher Weise zu behandeln sind.

3. Das nationale Gericht muss eine innerstaatliche Regelung unangewendet lassen, die es unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, so wie er in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannt ist, ausschließt, dass die zuständige Garantieeinrichtung Abfindungen wegen Vertragsbeendigung übernimmt, die in einer vor einem Gericht mit dessen Genehmigung geschlossenen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern festgelegt wurden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Spanien) mit Entscheidung vom 28. Januar 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Februar 2005, in dem Verfahren

Anacleto Cordero Alonso

gegen

Fondo de Garantía Salarial (Fogasa)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin) sowie der Richter K. Lenaerts, E. Juhász und M. Ilešič,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: R. Grass,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Fondo de Garantía Salarial (Fogasa), vertreten durch A. García Trejo, von der Abogacía del Estado bevollmächtigter Rechtsanwalt,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch E. Braquehais Conesa als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Rozet und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. April 2006

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23) in ihrer ursprünglichen Fassung (im Folgenden: Richtlinie 80/987) und in ihrer durch die Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 (ABl. L 270, S. 10) geänderten Fassung (im Folgenden: geänderte Fassung der Richtlinie 80/987).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Cordero Alonso und dem Fondo de Garantía Salarial (Lohngarantiefonds, im Folgenden auch: Fogasa) wegen dessen Weigerung, Herrn Cordero Alonso im Rahmen seiner subsidiären Haftung eine Abfindung wegen Beendigung des Arbeitsvertrags zu zahlen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 80/987 gilt „[d]iese Richtlinie … für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 sind”.

4 Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie bestimmt, dass sie das einzelstaatliche Recht bezüglich der Begriffsbestimmung der Worte „Arbeitnehmer”, „Arbeitgeber”, „Arbeitsentgelt”, „erworbenes Recht” und „Anwartschaftsrecht” unberührt lässt.

5 Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Anspr...

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