Entscheidungsstichwort (Thema)

Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Richtlinie 95/46/EG. Achtung des Privatlebens. Löschung der Daten. Auskunftsrecht hinsichtlich der Daten und ihrer Empfänger. Frist für die Ausübung des Auskunftsrechts

 

Beteiligte

Rijkeboer

College van burgemeester en wethouders van Rotterdam

M. E. E. Rijkeboer

 

Tenor

Nach Art. 12 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein Recht auf Auskunft über die Empfänger oder Kategorien der Empfänger der Daten sowie den Inhalt der übermittelten Information vorzusehen, das nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Vergangenheit gilt. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, eine Frist für die Aufbewahrung dieser Information sowie einen darauf abgestimmten Zugang zu ihr festzulegen, die einen gerechten Ausgleich bilden zwischen dem Interesse der betroffenen Person am Schutz ihres Privatlebens, insbesondere mit Hilfe der in der Richtlinie 95/46 vorgesehenen Rechte und Rechtsbehelfe, auf der einen Seite und der Belastung, die die Pflicht zur Aufbewahrung der betreffenden Information für den für die Verarbeitung Verantwortlichen darstellt, auf der anderen Seite.

Eine Regelung, die die Aufbewahrung der Information über die Empfänger oder Kategorien der Empfänger der Daten und den Inhalt der übermittelten Daten und dementsprechend den Zugang zu dieser Information auf die Dauer eines Jahres begrenzt, während die Basisdaten viel länger aufbewahrt werden, stellt keinen gerechten Ausgleich zwischen dem hier in Rede stehenden Interesse und der fraglichen Verpflichtung dar, sofern nicht nachgewiesen wird, dass eine längere Aufbewahrung der betreffenden Information den für die Verarbeitung Verantwortlichen über Gebühr belasten würde. Dies zu prüfen, ist Sache des nationalen Gerichts.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Raad van State (Niederlande) mit Entscheidung vom 5. Dezember 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Dezember 2007, in dem Verfahren

College van burgemeester en wethouders van Rotterdam

gegen

M. E. E. Rijkeboer

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter A. Ó Caoimh, J. Klučka und U. Lõhmus sowie der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin),

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des College van burgemeester en wethouders van Rotterdam, vertreten durch R. de Bree, advocaat,
  • von M. E. E. Rijkeboer, vertreten durch W. van Bentem, juridisch adviseur,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und C. ten Dam als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch E.-M. Mamouna und V. Karra als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Bryanston-Cross und H. Walker als Bevollmächtigte im Beistand von J. Stratford, Barrister,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Troosters und C. Docksey als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Dezember 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281, S. 31, im Folgenden: Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Rijkeboer und dem College van burgemeester en wethouders van Rotterdam (Stadtverwaltung Rotterdam, im Folgenden: College) wegen der teilweisen Ablehnung des Antrags von Herrn Rijkeboer auf Auskunftserteilung über die Übermittlung seiner personenbezogenen Daten an Dritte in den beiden Jahren vor der Stellung seines Antrags durch das College.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 2 und 10 der Richtlinie, die die Grundrechte und -freiheiten betreffen, heißt es:

„(2) Die Datenverarbeitungssysteme stehen im Dienste des Menschen; sie haben, ungeachtet der Staatsangehörigkeit oder des Wohnorts der natürlichen Personen, deren Grundrechte und -freiheiten und insbesondere deren Privatsphäre zu achten und zum wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, zur Entwicklung des Handels sowie zum Wohlergehen der Menschen beizutragen.

(10) Gegenstand der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten ist die Gewährleistung der Achtung der...

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