Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung des Artikels 87 Absatz 3 EG-Vertrag. Berücksichtigung des Wertes der Ausbildungs- und Arbeitsverträge als Instrument für Eingriffe in den Arbeitsmarkt. Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung. Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung von Jugendlichen und zur Umwandlung von befristeten in unbefristete Verträge. Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht und Ermessensmissbrauch hinsichtlich der Feststellung des als zulässig erachteten Teils der Beihilfe. Anwendung der De-minimis-Regel

 

Normenkette

EGV Art. 87 Abs. 3

 

Beteiligte

Italien / Kommission

Italienische Republik

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

1.

Die Italienische Republik hat mit Klageschrift, die am 13. August 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 230 Absatz 1 EG beantragt, die Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung (ABl. 2000, L 42, S. 1, nachstehend: angefochtene Entscheidung), hilfsweise diese Entscheidung, soweit sie die Rückforderung von Beträgen vorsieht, die eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe darstellen, für nichtig zu erklären.

Gemeinschaftsrecht

2.

Artikel 87 Absätze 1 und 3 EG sowie der frühere Artikel 92 Absätze 1 und 3 EG-Vertrag sehen vor:

(1)

Soweit in diesem Vertrag nicht etwas Anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch dieBegünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(3)

Als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar können angesehen werden:

a)

Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht;

3.

Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG bestimmt:

Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, dass eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 87 unvereinbar ist oder dass sie missbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie, dass der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat.

Die Mitteilungen der Kommission

Die Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen

4.

1995 veröffentlichte die Kommission Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen (ABl. C 334, S. 4, nachstehend: Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen). Dort wird in Punkt 2 darauf hingewiesen, dass verstärkte Maßnahmen im Hinblick auf die Eingliederung benachteiligter Arbeitnehmergruppen, wie Langzeitarbeitslose, Jugendliche und ältere Arbeitnehmer, in den Arbeitsmarkt zu den vorrangigen Bereichen gehörten, die die Mitgliedstaaten in ihren Zielvorstellungen für den Bereich der Beschäftigung festgelegt hätten. Nach Punkt 3 dürfen die Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt nicht die gleichzeitigen Bemühungen der Kommission um Verminderung künstlicher Wettbewerbsverfälschungen im Rahmen der Artikel 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) und 93 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 EG) beeinträchtigen.

5.

Wie ebenfalls im Punkt 3 ausgeführt ist, wird mit den Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen namentlich das Ziel einer deutlicheren Auslegung der Artikel 92 und 93 des Vertrages betreffend staatliche Beihilfen im Beschäftigungsbereich verfolgt, um bei Entscheidungen über Notifizierungen nach Artikel 93 des Vertrages eine größere Transparenz sicherzustellen.

6.

Die Punkte 16 und 17 der Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen lauten:

16.

Unter Beihilfe zur Erhaltung von Arbeitsplätzen ist die Unterstützung an ein Unternehmen zu verstehen, um es dazu anzuregen, die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht zu entlassen. Entsprechend wird bei der Bemessung der Beihilfe regelmäßig die Gesamtbeschäftigtenzahl zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung als Basis herangezogen.

17.

Demgegenüber beinhaltet die Beihilfe zur Schaffung von Arbeitsplätzen, dass Arbeitsuchende, die noch nie ein Beschäftigungsverhältnis hatten oder ihr bisheriges verloren haben, einen Arbeitsplatz erhalten. Entsprechend wird bei der Bemessung der Beihilfe die Anzahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze als Basis herangezogen. Unter der Schaffung von Arbeitsplätzen ist die Schaffung von Nettoarbeitsplätzen zu verstehen, d. h. die Schaffung eines zusätzlichen Arbeitsplatzes bezogen auf die Beschäftigtenzahl (als Durchschnitt eines bestimmten Zeitraums) in dem betreffenden Unternehmen. Der bloße Austausch von Arbeitnehmern ohne tatsächliche Erhöhung der Beschäftigtenzahl stellt keine Arbeitsplatzschaffung dar.

7.

Punkt 21 der Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen sieht Folgendes vor:

Die Kommission bewertet...

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