Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtumsetzung der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen durch die Italienische Republik. Aufrechterhalltung eines Nachtarbeitsverbots für Frauen. Bindung der Italienischen Republik an die Bestimmungen der Richtlinie 76/207/EWG vor der Kündigung des Übereinkommens Nr. 89 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO)

 

Normenkette

EGV Art. 169; Richtlinie 76/207/EWG des Rates Art. 5

 

Beteiligte

Kommission / Italien

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Italienische Republik

 

Tenor

1.

Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen, daß sie unter Verstoß gegen Artikel 5 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen in ihrer internen Rechtsordnung Regelungen aufrechterhalten hat, die ein Nachtarbeitsverbot für Frauen vorsehen.

2.

Im übrigen wird die Klage als unzulässig abgewiesen.

3.

Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

1.

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 19. Juni 1996 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Italienische Republik dadurch gegen ihre gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen hat, daß sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40; im folgenden: Richtlinie) nachzukommen, und in ihrer internen Rechtsordnung Regelungen aufrechterhalten hat, die unter Verstoß gegen Artikel 5 dieser Richtlinie ein Nachtarbeitsverbot für Frauen vorsehen.

2.

Nach Artikel 5 der Richtlinie hat die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen zum Inhalt, daß Männern und Frauen dieselben Arbeitsbedingungen ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gewährt werden (Absatz 1). Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbaren Vorschriften beseitigt werden (Absatz 2 Buchstabe a) oder, wenn der Schutzgedanke, aus dem heraus sie ursprünglich entstanden sind, nicht mehr begründet ist, revidiert werden (Absatz 2 Buchstabe c). Nach Artikel 2 Absatz 3 steht die Richtlinie jedoch nicht den Vorschriften zum Schutz der Frau, insbesondere bei Schwangerschaft und Mutterschaft, entgegen.

3.

Nach Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um der Richtlinie binnen 30 Monaten nach ihrer Bekanntgabe und, was Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c angeht, binnen vier Jahren nach dieser Bekanntgabe, also bis zum 13. Februar 1980, nachzukommen.

4.

Der Gerichtshof hat im Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-345/89 (Stoeckel, Slg. 1991, I-4047) für Recht erkannt, daß Artikel 5 der Richtlinie hinreichend bestimmt ist, um die Mitgliedstaaten zu verpflichten, das Verbot der Nachtarbeit von Frauen – auch wenn davon Ausnahmen bestehen – nicht als gesetzlichen Grundsatz aufzustellen, wenn es kein Verbot der Nachtarbeit von Männern gibt. Außerdem hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, daß diese Vorschrift hinreichend genau und unbedingt ist, um von einzelnen vor den nationalen Gerichten zu dem Zweck in Anspruch genommen zu werden, die Anwendung jeder nationalen Bestimmung auszuschließen, die nicht Artikel 5 Absatz 1, der den Grundsatz der Gleichbehandlung in bezug auf die Arbeitsbedingungen aufstellt, entspricht (Urteil Stoeckel, a. a. O., Randnr. 12, sowie Urteil vom 26. Februar 1986 in der Rechtssache 152/84, Marshall, Slg. 1986, 723, Randnr. 55).

5.

In Italien bestimmt Artikel 5 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 903 vom 9. Dezember 1977 über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Arbeit (im folgenden: italienisches Gesetz):

”In Fabriken und Handwerksbetrieben ist die Beschäftigung von Frauen zwischen 24 und 6 Uhr verboten. Dieses Verbot gilt weder für Frauen mit Führungsaufgaben noch für die im betrieblichen Gesundheitsdienst beschäftigten Frauen.”

6.

Nach Artikel 5 Absätze 2 und 3 dieses Gesetzes kann dieses Verbot in bestimmten Fällen durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung gelockert oder aufgehoben werden; für Frauen ab Beginn einer Schwangerschaft und in der Zeit des Wochenbetts läßt es jedoch keine Ausnahmen zu.

7.

Das italienis...

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