Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Rechtsangleichung. Straßenverkehr. Steuerliche Vorschriften. Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge. Mautgebühr. Pflicht der Mitgliedstaaten, wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen festzulegen. Pauschale Geldbuße. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie

 

Normenkette

Richtlinie 1999/62/EG

 

Beteiligte

Link Logistik N&N

Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic N&N

Budapest Rendőrfőkapitánya

 

Tenor

Das in Art. 9a der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge in der durch die Richtlinie 2011/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 geänderten Fassung vorgesehene Erfordernis der Angemessenheit hat keine unmittelbare Wirkung.

Das nationale Gericht hat aufgrund seiner Verpflichtung, alle zur Umsetzung dieser Bestimmung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, das nationale Recht im Einklang mit dieser Bestimmung auszulegen oder, falls eine solche konforme Auslegung nicht möglich ist, jede nationale Bestimmung unangewendet zu lassen, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem unionsrechtswidrigen Ergebnis führen würde.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Szombathelyi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szombathely, Ungarn) mit Entscheidung vom 13. Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juni 2017, in dem Verfahren

Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic N&N

gegen

Budapest Rendőrfőkapitánya

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richter E. Levits und A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) sowie des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der ungarischen Regierung, vertreten durch G. Koós und M. Z. Fehér als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Havas und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Juni 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9a der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABl. 1999, L 187, S. 42) in der durch die Richtlinie 2011/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 (ABl. 2011, L 269, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 1999/62).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic N&N (im Folgenden: Link Logistic N&N) und dem Budapest Rendőrfőkapitánya (Polizeipräsident in Budapest, Ungarn) über eine Geldbuße, die gegen die Link Logistic N&N wegen Benutzung eines Streckenabschnitts einer Autobahn ohne Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr verhängt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 1, 12 und 15 der Richtlinie 1999/62 lauten:

„(1) Die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen aus den Mitgliedstaaten erfordert die Harmonisierung der Abgabesysteme und die Einführung gerechter Mechanismen für die Erhebung von Gebühren von den Verkehrsunternehmern.

(12) Die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen können zwar nicht allein durch die Harmonisierung der Steuern oder der Verbrauchsabgaben auf Kraftstoffe beseitigt werden, sie können jedoch – solange es keine technisch und wirtschaftlich besseren Erhebungsformen gibt – dadurch gemildert werden, dass Maut- und/oder Autobahnbenutzungsgebühren beibehalten oder eingeführt werden. Ferner sollte den Mitgliedstaaten das Erheben von Gebühren für die Benutzung von Brücken, Tunnels und Gebirgspässen gestattet sein.

(15) Die Benutzungsgebühren sollten entsprechend der Dauer der Benutzung der betreffenden Verkehrswege festgelegt werden und unter Berücksichtigung der von den Straßenfahrzeugen verursachten Kosten differenziert werden.”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Diese Richtlinie gilt für Kraftfahrzeugsteuern und für Maut- und Benutzungsgebühren, die von den in Artikel 2 definierten Fahrzeugen erhoben werden.”

Rz. 5

Art. 2 der Richtlinie sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

b) ‚Mautgebühr’ eine für eine Fahrt eines Fahrzeugs auf einem bestimmten Verkehrsweg zu leistende Zahlung, deren Höhe sich nach der zurückgelegten Wegstrecke und dem Fahrzeugtyp richtet und die eine Infrastrukturgebühr und/oder eine Gebühr für externe Kosten beinhaltet;

…”

Rz. 6

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 1999/62 lautet:

„Unbeschadet des Artikels 9 Absatz 1a dürfen die Mitgliedstaaten unter den in de...

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