Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Bestimmung der internationalen Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats. Arbeitnehmer, der die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Vertrag, der mit einer konsularischen Vertretung dieses Mitgliedstaats in einem anderen Mitgliedstaat geschlossen wurde. Aufgaben des Arbeitnehmers. Keine hoheitlichen Befugnisse

 

Normenkette

Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 5 Abs. 1

 

Beteiligte

Generalno konsulstvo na Republika Bulgaria

ZN

Generalno konsulstvo na Republika Bulgaria v grad Valensia, Kralstvo Ispania

 

Tenor

Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in Verbindung mit deren drittem Erwägungsgrund ist dahin auszulegen, dass er für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats zur Entscheidung eines Rechtsstreits zwischen einem Arbeitnehmer eines Mitgliedstaats, der keine hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt, und einer konsularischen Behörde dieses Mitgliedstaats, die sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats befindet, anwendbar ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sofiyski rayonen sad (Kreisgericht Sofia, Bulgarien) mit Entscheidung vom 27. Mai 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Juni 2020, in dem Verfahren

ZN

gegen

Generalno konsulstvona Republika Bulgaria v grad Valensia, Kralstvo Ispania

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Wahl sowie der Richter F. Biltgen und J. Passer (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der bulgarischen Regierung, vertreten durch M. Georgieva und L. Zaharieva als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und I. Gavrilova als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Heller und G. Koleva als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1) in Verbindung mit dem dritten Erwägungsgrund dieser Verordnung.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen ZN und dem Generalno konsulstvo na Republika Bulgaria v grad Valensia, Kralstvo Ispania (Generalkonsulat der Republik Bulgarien in Valencia [Spanien], im Folgenden: Generalkonsulat) wegen eines Antrags auf Zahlung einer finanziellen Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 3 bis 5 und 15 der Verordnung Nr. 1215/2012 heißt es:

„(3) Die [Europäische] Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln, indem unter anderem der Zugang zum Recht, insbesondere durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen, erleichtert wird. Zum schrittweisen Aufbau eines solchen Raums hat die Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, Maßnahmen zu erlassen, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist.

(4) Die Unterschiede zwischen bestimmten einzelstaatlichen Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen erschweren das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts. Es ist daher unerlässlich, Bestimmungen zu erlassen, um die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen zu vereinheitlichen und eine rasche und unkomplizierte Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zu gewährleisten, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind.

(5) Diese Bestimmungen fallen in den Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen im Sinne von Artikel 81 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

(15) Die Zuständigkeitsvorschriften sollten in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten. Diese Zuständigkeit sollte stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Der Sitz juristischer Personen muss in der Verordnung selbst definiert sein, um die Transparenz der gemeinsamen Vorsch...

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