Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Niederlassungsfreiheit. Freier Dienstleistungsverkehr. Anerkennung von Berufsqualifikationen. In einem Mitgliedstaat niedergelassener Kfz-Sachverständiger, der sich zur vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung seines Berufs in den Aufnahmemitgliedstaat begibt. Weigerung der Berufsorganisation des Aufnahmemitgliedstaats, in dem er vorher niedergelassen war, ihn in das Register der vorübergehend und gelegentlich erbrachten Dienstleistungen einzutragen. Begriff der ‚vorübergehenden und gelegentlichen Dienstleistung’

 

Normenkette

Richtlinie 2005/36/EG Art. 5 Abs. 2

 

Beteiligte

Institut des Experts en Automobiles

TP

Institut des Experts en Automobiles

 

Tenor

Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der durch die Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung des Aufnahmemitgliedstaats im Sinne dieser Bestimmung entgegensteht, die in der Auslegung durch seine zuständigen Behörden einem Wirtschaftsteilnehmer, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, keine vorübergehende und gelegentliche Ausübung seines Berufs im Aufnahmemitgliedstaat erlaubt, weil er in der Vergangenheit in diesem Mitgliedstaat niedergelassen war, weil seine Dienstleistungen einen wiederkehrenden Charakter haben oder weil er sich im Aufnahmemitgliedstaat einer gewissen Infrastruktur, z. B. eines Büros, bedient.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour d’appel de Mons (Berufungsgericht Mons, Belgien) mit Entscheidung vom 22. September 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Oktober 2020, in dem Verfahren

TP

gegen

Institut des Experts en Automobiles

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. Piçarra, des Präsidenten der Vierten Kammer M. Vilaras (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Neunten Kammer, und der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von TP, vertreten durch V. Grévy, avocat,
  • des Institut des Experts en Automobiles, vertreten durch P. Botteman und R. Molders-Pierre, avocats,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck, M. Jacobs und C. Pochet als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und T. Machovičová als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch K. Bulterman und H. S. Gijzen als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und L. Armati als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 AEUV sowie der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. 2005, L 255, S. 22) in der durch die Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 (ABl. 2013, L 354, S. 132) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung 2005/36).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen TP und dem Institut des Experts en Automobiles (im Folgenden: IEA) über die Ausübung des Berufs des Kfz-Sachverständigen durch TP in Belgien.

Rechtlicher Rahmen

Recht der Europäischen Union

Rz. 3

Der elfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 bestimmt insbesondere, dass diese Richtlinie nicht auf einen Eingriff in das berechtigte Interesse der Mitgliedstaaten abzielt, zu verhindern, dass einige ihrer Staatsangehörigen sich in missbräuchlicher Weise der Anwendung des nationalen Rechts im Bereich der Berufe entziehen.

Rz. 4

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. ‚reglementierter Beruf’ ist eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist; eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen. Trifft Satz 1 dieser Begriffsbestimmung nicht zu, so wird ein unter Absatz 2 fallender Beruf als reglementierter Beruf behandelt;
  2. ‚Berufsqualifikationen’ sind die Qualifikationen, die durch einen Ausbildungsnachweis, einen Befähigungsnachweis nach Artikel 11 Buchstabe a Ziffer i und/oder Berufserfahrung nachgewiesen werden;

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