Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten. Sanktion wegen Emissionsüberschreitung. Verhältnismäßigkeit

 

Normenkette

Richtlinie 2003/87/EG

 

Beteiligte

Bitter

Sandra Bitter als Insolvenzverwalterin der Ziegelwerk Höxter GmbH

Bundesrepublik Deutschland

 

Tenor

Die Prüfung der Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 16 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates in der durch die Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 geänderten Fassung, soweit er eine Sanktion von 100 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxidäquivalent, für die der Betreiber keine Zertifikate abgegeben hat, vorsieht, im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beeinträchtigen könnte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Berlin (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. November 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Dezember 2014, in dem Verfahren

Sandra Bitter als Insolvenzverwalterin der Ziegelwerk Höxter GmbH

gegen

Bundesrepublik Deutschland

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev sowie der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter) und E. Regan,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Rechtsanwalt G. Buchholz,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,
  • des Europäischen Parlaments, vertreten durch P. Schonard und A. Tamás als Bevollmächtigte,
  • des Rates der Europäischen Union, vertreten durch M. Simm und N. Rouam als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch E. White und A. C. Becker als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit von Art. 16 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275, S. 32) in der durch die Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 (ABl. L 140, S. 63) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2003/87).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Rechtsanwältin Bitter als Insolvenzverwalterin der Ziegelwerk Höxter GmbH (im Folgenden: Ziegelwerk Höxter) und der Bundesrepublik Deutschland wegen einer Sanktion, die Letztere gegen die Ziegelwerk Höxter verhängt hatte, weil diese ihrer Verpflichtung zur Berichterstattung über ihre Berechtigungen für das Kohlendioxidäquivalent für das Jahr 2011 und zur Abgabe dieser Berechtigungen nicht nachgekommen war.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der zweite Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/87 lautet:

„Im sechsten Aktionsprogramm der Gemeinschaft für die Umwelt, das mit der Entscheidung Nr. 1600/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 22. Juli 2002 über das sechste Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 242, S. 1)] eingeführt wurde, wird die Klimaänderung als vorrangiger Maßnahmenbereich definiert und die Einrichtung eines gemeinschaftsweiten Systems für den Emissionshandel bis 2005 gefordert. In dem Programm wird bekräftigt, dass die Gemeinschaft sich zu einer 8%igen Verringerung ihrer Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2008-2012 gegenüber dem Stand von 1990 verpflichtet hat und dass die globalen Treibhausgasemissionen längerfristig gegenüber dem Stand von 1990 um etwa 70 % gesenkt werden müssen.”

Rz. 4

Im vierten Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es:

„Bei Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls, das mit der Entscheidung 2002/358/EG des Rates vom 25. April 2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenden Verpflichtungen [(ABl. L 130, S. 1)] genehmigt wurde, werden die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet sein, ihre gemeinsamen anthropogenen Treibhausgasemissionen, die in Anhang A des Protokolls aufgeführt sind, im Zeitraum 2008-2012 gegenüber dem Stand von 1990 um 8 % zu senken.”

Rz. 5

Art. 12 Abs. 3 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Betreiber für jede Anlage bis zum 30. April jeden Jahres eine Anzahl von nicht gemäß Kapitel II vergebenen Zertifikaten abgibt, di...

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