Leitsatz

Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage, ob im Hinblick auf die Neufassung des § 1570 BGB durch das UÄndG eine vollschichtige Erwerbstätigkeit des Elternteils ausgeübt werden muss, der zwei Kinder im Alter von acht und elf Jahren betreut. Ferner ging es um die vorzunehmende Mangelfallberechnung bei dem Unterhalt für die geschiedene Ehefrau und die Lebensgefährtin des Ehemannes.

 

Sachverhalt

Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Die Ehefrau betreute die beiden gemeinsamen acht und elf Jahre alten Kinder. Streit herrschte zwischen den Parteien in erster Linie darüber, ob eine Erwerbsobliegenheit der Ehefrau trotz der Betreuung der Kinder bestand. Ferner herrschte Streit über die Höhe des Einkommens des Ehemannes, der im Übrigen eine Befristung des Unterhaltsanspruchs seiner geschiedenen Frau begehrte und darüber hinaus den Verwirkungseinwand erhob.

Aus der Verbindung des Ehemannes mit seiner Lebensgefährtin war ein im Februar 2007 geborenes Kind hervorgegangen.

Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Ehemann Berufung eingelegt, die nur teilweise Erfolg hatte.

 

Entscheidung

Der Verwirkungseinwand griff nach Auffassung des OLG nicht durch. Dies galt sowohl hinsichtlich der von der Ehefrau im Verfahren über den Trennungsunterhalt zunächst verschwiegenen geringfügigen eigenen Einkünfte als auch hinsichtlich ihrer von dem Ehemann angeführten verfestigten eheähnlichen Beziehung, die nicht ausreichend konkret dargelegt worden sei.

Allerdings war der Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach Ansicht des OLG gemäß § 1578b Abs. 2 BGB bis einschließlich Dezember 2008 zu befristen, da erwartet werden könne, dass sie ab Januar 2009 auch unter Wahrung der Kindeswohlbelange ihren Lebensunterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit selbst decken könne. Ab Januar 2008 sei sie verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, so dass die von ihr erzielten 400,00 EUR ihr als eigenes Einkommen anzurechnen seien.

Darüber hinausgehendes fiktives Einkommen sei der Ehefrau allerdings nicht zuzurechnen. Zwar sei der geschiedenen Ehefrau nach der Neuregelung des § 1570 BGB grundsätzlich zuzumuten, trotz der Betreuung der beiden Kinder einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Allerdings befinde sie sich noch in einer Berufsfortbildung zur Betriebswirtin, die sie im Vertrauen auf die alte Rechtslage auch habe aufnehmen dürfen. Das OLG hielt es für die Ehefrau nicht zumutbar, neben der Kinderbetreuung und der Berufsfortbildung einer weiteren beruflichen Tätigkeit in größerem Umfang nachzugehen. Die von ihr ausgeübte Geringverdienertätigkeit sei insoweit ausreichend. Nach Beendigung der beruflichen Fortbildung sei ihr noch eine angemessene Zeit zu gewähren, um sodann eine ihrer Berufsausbildung angemessene Beschäftigung zu finden. Das OLG billigte ihr eine Orientierungsphase bis Ende des Jahres 2008 zu.

Aufseiten des Ehemannes sei bei der Prüfung seiner Leistungsfähigkeit ab Januar 2008 zu berücksichtigen, dass die geschiedene Ehefrau nach dem neuen Unterhaltsrecht nunmehr mit der jetzigen Lebensgefährtin des Ehemannes gleichrangig unterhaltsberechtigt sei. Beide Kindesmütter seien allerdings nachrangig berechtigt gegenüber den drei Kindern. Da der Ehemann ggü. seinen drei Kindern jedenfalls seinen Verpflichtungen nachkommen könne, liege kein absoluter Mangelfall vor, da er in der Lage sei, den Bedarf seiner vorrangig unterhaltsberechtigten minderjährigen Kinder zu decken. Das ihm nach Abzug des Kindesunterhalts verbleibende Nettoeinkommen sei daher grundsätzlich entsprechend ihren "Bedarfslücken" auf die geschiedene Ehefrau und die Lebensgefährtin des Ehemannes zu verteilen.

Da die rechnerische Gesamtbedarfslücke der beiden unterhaltsberechtigten Mütter mit dem um den Kindesunterhalt reduzierten Resteinkommen des Ehemannes nicht mehr gedeckt werden könne, ohne dass sein mittlerer Selbstbedarf von 1.000,00 EUR unterschritten werde, sei eine Mangelfallberechnung anzustellen, wobei für die unterhaltsrechtlich gleichrangig berechtigten Mütter zunächst die Einsatzbeträge der Unterhaltsleitlinien einzusetzen seien.

Ab Januar 2009 entfalle ein Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau aus § 1570 Abs. 1 BGB.

 

Hinweis

Eine lesenswerte Entscheidung des OLG Köln, die geradezu lehrbuchhaft die Situation nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes darstellt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Urteil vom 27.05.2008, 4 UF 159/07

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