Leitsatz

Geschiedene Eheleute stritten sich über das Fortbestehen der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten ggü. der Klägerin ab Februar 2008. Der Kläger war als Kraftfahrzeugmeister erwerbstätig und wieder verheiratet. Die Beklagte war gelernte Friseurin. Während der Ehe war sie nicht erwerbstätig. Neben dem bei ihr lebenden gemeinsamen Sohn der Parteien betreute sie seit Juni 2007 ein Pflegekind und erhielt für diese Tätigkeit monatlich 202,00 EUR. Seit Mai 2008 war sie im Umfang von 90 Stunden pro Monat als Reinigungskraft im Krankenhaus beschäftigt.

Der nacheheliche Unterhalt war zuletzt mit einem am 2.11.2007 vor dem OLG protokollierten Vergleich tituliert worden. Dort hatte sich der Kläger zur Zahlung laufenden nachehelichen Unterhalts von monatlich 413,00 EUR verpflichtet.

Vergleichsgrundlagen waren sein seinerzeitiges Einkommen aus seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeugmeister i.H.v. 1.834,00 EUR, das um anteilige Zins- und Tilgungsleistungen für das in der neuen Ehe erworbene Hausanwesen von monatlich 125,00 EUR als zusätzliche Altersvorsorge, die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen, den Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn und das Anreizzehntel bereinigt wurde. Der Ehefrau wurde ein fiktives Einkommen von monatlich 430,00 EUR zugerechnet und ebenfalls um die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen und an Anreizzehntel bereinigt. Die Parteien hatten sich in diesem Vergleich ferner darauf geeinigt, dass für den Fall einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Klägers der Kindesunterhalt vorrangig behandelt werden sollte.

Der Kläger begehrte Abänderung der Unterhaltsverpflichtung und Feststellung, dass er ab Februar 2008 zur Zahlung nachehelichen Unterhalts nicht mehr verpflichtet sei.

Die Beklagte hat mit Rücksicht auf das von ihr seit Mai 2008 erzielte Einkommen das Abänderungsbegehren anerkannt, soweit Reduzierung der Unterhaltsverpflichtung auf monatlich 257,00 EUR ab Mai 2008 begehrt wurde.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Unterhaltsverpflichtung des Klägers ggü. der Beklagten auf monatlich 248,00 EUR ab Mai 2008 reduziert und die weitergehende Klage abgewiesen.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren auf Feststellung des Wegfalls seiner Unterhaltsverpflichtung ab Februar 2008 weiterverfolgte.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das Rechtsmittel des Klägers führte zu einer Reduzierung des geschuldeten Unterhalts ggü. dem Ausgangsvergleich bereits ab März 2008. Eine weitere Reduzierung bzw. die Feststellung des vollständigen Wegfalls der titulierten Unterhaltsverpflichtung kam nach Auffassung des OLG nicht in Betracht. Auch eine zeitliche Begrenzung bzw. Herabsetzung des nach den ehelichen Lebensverhältnissen verbleibenden Unterhaltsanspruchs könne derzeit noch nicht erfolgen.

Nach § 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 und Abs. 2 BGB n.F. verlängere sich der Betreuungsunterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten über das 3. Lebensjahr des betreuten Kindes hinaus, solange und soweit dies der Billigkeit entspreche. Eine Verlängerung komme vorrangig aus kindbezogenen Gründen in Betracht, daneben bestehe eine weitere Verlängerungsmöglichkeit aus elternbezogenen Gründen.

Das OLG bejahte im vorliegenden Fall das Vorliegen kindbezogener Gründe für die Verlängerung des Unterhaltsanspruchs. Mit sieben bzw. acht Jahren benötige der gemeinsame Sohn der Parteien altersbedingt noch eine weitgehend lückenlose Betreuung und Beaufsichtigung. Es könne nicht verantwortet werden, ihn über Zeiträume von mehreren Stunden unbeaufsichtigt sich selbst zu überlassen. Seine Fremdbetreuung erfolge lediglich in der Zeit von 8.00 bis 16.00 Uhr. Die Betreuung außerhalb dieser Zeiten werde von der Beklagten geleistet.

Angesichts der danach von ihr zu leistenden Betreuung sei es ihr nicht möglich, vollschichtig erwerbstätig zu sein. Unter Einbeziehung von Wegezeiten zum Erreichen des Arbeitsplatzes und Pflichtarbeitspausen bleibe bereits an den Tagen, an denen der Sohn in Schule und Hort betreut werde, keine ausreichende Zeitspanne für eine vollschichtige Tätigkeit.

Darüber hinaus dürfte auch bei unterstellter ganztätiger Fremdbetreuung eines Kindes im Alter des gemeinsamen Sohnes der Parteien ein persönlicher Betreuungsbedarf durch die Mutter als Hauptbezugsperson verbleiben, der einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit unter dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Belastung entgegenstünde (BGH, Urt. v. 16.7.2008 - XII ZR 109/05).

Das OLG vertrat die Auffassung, die Beklagte genüge mit ihrer seit Mai 2008 ausgeübten etwas mehr als halbschichtigen Erwerbstätigkeit ihrer Erwerbsobliegenheit. Aufgrund der gesetzlichen Änderung des Betreuungsunterhaltsanspruchs mit Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes sei die Beklagte bereits seit Januar 2008 gehalten gewesen, sich um eine Erwerbstätigkeit in dem Umfang, in dem sie nunmehr seit Mai 2008 ausübt werde, zu bemühen. Es sei davon auszugehend, dass es ihr bei unverzüglichen ausreichenden Bemühun...

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