Rz. 587

Im Einzelfall kann ein Schadensersatzanspruch des Erwerbers aus einer Verletzung einer vertraglich übernommenen Beratungspflicht durch den Bauträger resultieren. Der Bauträger als Veräußerer einer Eigentumswohnung ist gewöhnlich allerdings nicht verpflichtet, den Erwerber über die Wirtschaftlichkeit des Erwerbs und seinen Nutzen für den Käufer aufzuklären oder zu beraten. Die Beratung wird aber Hauptpflicht des Veräußerers aus einem selbstständigen Beratungsvertrag, wenn er mit dem Erwerber nicht nur über die Bedingungen des angestrebten Bauträgervertrags verhandelt, sondern im Rahmen eingehender Vertragsverhandlungen und auf Befragen des Erwerbers einen ausdrücklichen Rat erteilt.[1] Dabei steht es einem auf Befragen des Erwerbers erteilten Rat gleich, wenn der Bauträger als Ergebnis intensiver Vertragsverhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, welches zur Förderung der Vermittlung des Geschäfts dienen soll.[2] Ein Beratungsvertrag liegt nicht vor, wenn die Beratung nur einen Teil der Absatzbemühungen darstellt.[3] Der Beratungsvertrag verpflichtet den Bauträger zu richtiger und vollständiger Information über die Umstände, die für die Erwerbsentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können.[4]

 
Praxis-Beispiel

Ertragsentwicklung der Immobilie niedriger als dargestellt

Der Veräußerer verletzt seine aus dem Beratungsvertrag folgenden Pflichten etwa, wenn er ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild des Wertsteigerungspotenzials der Ertragserwartung der Immobilie gibt[5]; dieses zu positive Bild ist bei unzutreffenden Angaben über die erzielbare Miete sowie dann gegeben, wenn das in dem vorgesehenen Beitritt zu einem Mietpool liegende Risiko, auch die anteiligen Lasten der Unvermietbarkeit anderer Wohnungen zu tragen, bei der Berechnung des Eigenaufwands nicht angesprochen und z. B. in Form von Abschlägen bei den Einnahmen oder von Zuschlägen bei den monatlichen Belastungen angemessen berücksichtigt wird.[6]

Der Verkäufer muss das Risiko erhöhter Instandsetzungskosten und das Vermietungsrisiko fremder Wohnungen nicht nur ansprechen, sondern auch – etwa durch Abschläge bei den Einnahmen oder durch Zuschläge bei den monatlichen Belastungen – angemessen bei der Darstellung der Erträge berücksichtigen.[7] Der Verkäufer genügt seiner Beratungspflicht nicht schon dann, wenn er zwar die Systematik des Mietpoolvertrags erläutert und den Käufern vor Augen führt, dass im Fall von Leerständen sämtliche Mitglieder des Mietpools "etwas weniger bekommen", er jedoch nicht darauf hinweist, dass in dem den Käufern vorgerechneten Mietertrag ein angemessenes Mietausfallrisiko nicht einkalkuliert ist.

Der Bauträger haftet auch dann, wenn er bei dem für den Erwerber nach Abzug von Mieteinnahmen, Steuerersparnis etc. verbleibenden Eigenaufwand nicht unmissverständlich darauf hinweist, dass dieser Aufwand sich wegen kontinuierlich ansteigender Raten von Bausparverträgen, die zur Ablösung des den Erwerb finanzierenden Vorausdarlehens dienen, in den Folgejahren erhöhen wird.

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