Leitsatz

Der in der letztwilligen Verfügung vorgesehene Testamentsvollstrecker hat die Amtsübernahme abgelehnt. Eine Ausweichperson hat die Erblasserin nicht benannt. An das Ersuchen an das Nachlassgericht, einen Testamentsvollstrecker gemäß § 2200 BGB zu ernennen, sind keine strengen Voraussetzungen zu stellen; ausreichend ist, wenn sich nach Auslegung des Testaments und Würdigung aller Nebenumstände ein entsprechender Erblasserwille ergibt.

 

Sachverhalt

Die Erblasserin errichtete insgesamt vier letztwillige Verfügungen. In allen ordnete sie Testamentsvollstreckung an und bestimmte zur Aufgabe des Testamentsvollstreckers stets die Erfüllung der von ihr angeordneten Vermächtnisse. Als Erbin war die Tochter der Verstorbenen eingesetzt, mit den Vermächtnissen bedachte die Erblasserin ihre Pflegetochter.

Der Testamentsvollstrecker ist durch die Nichtannahme des Amtes weggefallen. Die Beteiligten streiten im Rahmen der Rechtsbeschwerde darum, ob die testamentarische Anordnung der Testamentsvollstreckung durch eine konkret benannte Person auch das Ersuchen an das Nachlassgericht i.S.d. § 2200 BGB enthält, einen (abweichenden) Testamentsvollstrecker zu ernennen.

 

Entscheidung

Nach § 2200 BGB kann das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker ernennen, wenn der Erblasser in seinem Testament darum ersucht hat. Das Ersuchen muss dabei nicht ausdrücklich gestellt werden. Es genügt, wenn sich durch - ggf. ergänzende - Auslegung ein darauf gerichteter Wille des Erblassers feststellen lässt. Das Gericht hatte mithin zu prüfen, ob auch nach Wegfall der benannten Person ein auf die Fortdauer der Testamentsvollstreckung gerichteter Wille der Erblasserin anzunehmen ist.

Nach allgemeinen Grundsätzen über die ergänzende Testamentsauslegung ist ein solcher Wille bereits dann anzunehmen, wenn der Erblasser bei Berücksichtigung der eingetretenen Sachlage mutmaßlich die Ernennung eines Testamentsvollstreckers gewünscht hätte. Maßgeblich sind dabei die Gründe einschließlich aller Nebenumstände, die den Testierenden zur Anordnung der Testamentsvollstreckung bewogen haben, und ob diese Gründe auch nach Wegfall der im Testament benannten Person fortbestehen.

Vorliegend kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Wille der Erblasserin nicht ausschließlich auf die Testamentsvollstreckung durch die benannte Person gerichtet war, sondern ggf. eine ersatzweise Ernennung eines anderen Testamentsvollstreckers gewünscht war. Dafür spricht der Umstand, dass in allen vier Testamenten Testamentsvollstreckung angeordnet ist, und dass die Erblasserin das Verhältnis von Tochter und Pflegetochter offenbar als konfliktträchtig angesehen hat. Zur Durchsetzung ihres Willens wollte sie sich daher einer neutralen Person bedienen. Dass es ihr dabei unbedingt um die Person des Benannten gegangen wäre, ist nicht ersichtlich.

 

Hinweis

Bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung in der letztwilligen Verfügung ist zu bedenken, dass es zu einem Wegfall des vorgesehenen Testamentsvollstreckers kommen kann, so dass ggf. sogleich eine Ersatzperson benannt werden sollte.

 

Link zur Entscheidung

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.03.2006, 3 W 42/06

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