Leitsatz

Der Verwalter ist berechtigt und verpflichtet, säumiges Hausgeld anzufordern und einzuziehen. Er ist jedoch nicht automatisch zur Prozessführung ermächtigt. Für die gerichtliche Durchsetzung benötigt er eine besondere Ermächtigung.

Eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, nach der der Verwalter auch zur gerichtlichen Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der laufenden Verwaltung ermächtigt ist, gilt nicht nur für den ersten Verwalter, sondern für den jeweils aktuellen Verwalter.

Ein Wirtschaftsplan ist Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung von rückständigen Hausgeldzahlungen gegenüber dem jeweiligen Wohnungseigentümer.

 

Normenkette

WEG §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5

 

Das Problem

Wohnungseigentümer B zahlt kein Hausgeld. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, vertreten durch den Verwalter, erhebt deshalb Zahlungsklage. Der Beklagte verteidigt sich unter anderem damit, der aktuelle Verwalter V dürfe nicht "einfach so" Klage erheben; denn er sei dazu nicht ermächtigt.

 

Die Entscheidung

Zulässigkeit der Klage

  1. V sei wirksam zum Verwalter bestellt worden und zur Prozessführung berechtigt. Ausweislich der Niederschrift der Versammlung aus dem Jahr 2012 hätten die Wohnungseigentümer den V für 5 Jahre, also bis heute zum Verwalter bestellt. Der Beschluss sei wirksam, weil weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sei, dass ein Wohnungseigentümer ihn erfolgreich angefochten oder die Wohnungseigentümer V durch einen weiteren Beschluss abberufen hätten.
  2. V sei auch zur Führung des hiesigen Rechtsstreits ermächtigt. Allerdings verweise B zu Recht drauf, dass allein die Tatsache, dass er in anderen Rechtsstreiten, wo er Kläger gewesen sei, V als Verwalter bezeichnet habe, sich nicht auf V's Ermächtigung zur Führung eines Aktivprozesses auswirke. Die Stellung des V als Verwalter gehe nicht zwingend mit seiner Ermächtigung zur Prozessführung einher. Vielmehr sei V von Gesetzes wegen gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG nur zur Anforderung und Einziehung der Beitragsforderungen gegen säumige Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet.
  3. Für die gerichtliche Durchsetzung habe V daher gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG einer besonderen Ermächtigung bedurft. Diese läge aber auch vor. Die Wohnungseigentümer hätten zur gerichtlichen Geltendmachung der ausstehenden Zahlungsforderungen ermächtigt. Soweit ein Beschluss, der V zur gerichtlichen Geltendmachung ermächtigt hätte, fehle, habe es eines solchen Beschlusses nicht bedurft. Nach der Gemeinschaftsordnung sei der Verwalter zur gerichtlichen Geltendmachung von ausstehenden Beitragsforderungen ermächtigt. Der Ermächtigung stehe nicht entgegen, dass der jetzige Verwalter zur Zeit der Erstellung der Gemeinschaftsordnung nicht der Verwalter gewesen sei. Die Regelung in der Gemeinschaftsordnung, nach der der Verwalter zur Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der laufenden Verwaltung ermächtigt ist, gelte nicht nur für den ersten Verwalter, sondern für den jeweils aktuellen Verwalter.

Begründetheit der Klage

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei Inhaberin der gegen B geltend gemachten Zahlungsansprüche aus dem Wirtschaftsplan bzw. aus den Einzelabrechnungen der Jahre 2013 und 2014. Die Beitragsansprüche aus § 28 Abs. 2, 3 WEG stünden der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen den nicht zahlenden Wohnungseigentümer zu.
  2. Die (gerichtliche) Geltendmachung des rückständigen Hausgelds entspreche den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sichergestellt werden müsse. Die Zahlungen aufgrund des Wirtschaftsplans dienten der Liquidität der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und hätten eine große Bedeutung für die gesicherte Verwaltung. Etwaig bestehende Ansprüche des B in Bezug auf die Benutzbarkeit seines Sondereigentums wirke sich ohne die Anerkennung oder rechtskräftige Feststellung eines derartigen Anspruchs weder in Form einer Aufrechnung noch in Form eines Zurückbehaltungsrechts auf die anteilige Verpflichtung des jeweiligen Wohnungseigentümers zur Lasten- und Kostentragung gemäß § 28 Abs. 1, 2 WEG aus.
  3. Die Zahlungsrückstände seien auch fällig. B schulde das Hausgeld für die von ihm im Oktober 2014 erworbenen Wohnungseigentumsrechte seit dem November 2014 – dem Zeitpunkt der Umschreibung im Wohnungsgrundbuch –, weil der Wohnungseigentümer zur Entrichtung derjenigen Lasten- und Kostenbeiträge verpflichtet sei, die während der Dauer seiner "Mitgliedschaft in der Eigentümergemeinschaft" aufgrund von wirksam beschlossenen Wirtschaftsplänen fällig würden ("Fälligkeitstheorie"). Die eingeklagten Beiträge aus dem Wirtschaftsplan 2014 für den Zeitraum Dezember 2014 bis einschließlich Dezember 2015 seien fällig, weil die Gemeinschaftsordnung regle, dass die "Betriebskosten" von jedem Wohnungseigentümer monatlich zu leisten seien.
  4. Nichtigkeitsgründe, die auch im Zahlungsprozess eingewendet und darüber hinaus von Amts wegen zu überprüfen seien, seien nicht ersicht...

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