In aller Regel ordnet bereits die Gemeinschaftsordnung die Bildung einer Erhaltungsrücklage an. Der Verwalter muss dann nicht erst einen entsprechenden Beschluss herbeiführen. Allerdings obliegt die Entscheidung über die Höhe der zu bildenden Rücklage den Wohnungseigentümern durch Beschlussfassung. Eines entsprechenden Beschlusses über die Rücklagenhöhe bedarf es freilich dann nicht, wenn die Gemeinschaftsordnung die Höhe der monatlich zu zahlenden Beiträge bereits vorgibt.

 

Höhe nicht verbindlich

Vorschriften in der Gemeinschaftsordnung zur Höhe der Rücklage sind für die Wohnungseigentümer lediglich als Mindestbetrag bindend. Sie haben die Kompetenz für eine Beschlussfassung auch über eine höhere Rücklage.

Im Übrigen ist den Wohnungseigentümern im Rahmen der Bemessung der Rücklagenhöhe ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, der nur bei erheblicher Unter- oder Überschreitung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht.[1] Kriterien für die Bemessung der Höhe der Rücklage sind

  • Alter,
  • Zustand,
  • Ausstattung,
  • Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf in der Vergangenheit,
  • prognostizierter zukünftiger Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf.

Anhaltspunkte für die Bemessung der Erhaltungsrücklage bieten

  • zum einen § 28 Abs. 2 II. BV,
  • zum anderen die sog. "Peters'sche Formel" und schließlich
  • die "v. Hauff'sche Formel".

Daneben sollte stets der tatsächliche Instandhaltungsaufwand der Vorjahre in den Blick genommen und bei Bemessung der Rücklage berücksichtigt werden.

3.1 § 28 Abs. 2 II. BV

Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 II. BV dürfen pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr bei zurückliegender Bezugsfertigkeit

  • von weniger als 22 Jahren höchstens 7,10 EUR,
  • von mindestens 22 Jahren höchstens 9,00 EUR,
  • von mindestens 32 Jahren höchstens 11,50 EUR

als Erhaltungskosten angesetzt werden. Ist ein Aufzug vorhanden, erhöhen sich die Sätze um jeweils 1,00 EUR.

 

Baujahr 1990

Bei einer im Jahr 1990 fertig gestellten Wohnanlage ohne Aufzug würde die jährliche Rücklagenhöhe einer 70-qm-Wohnung im Jahr 2022 bei 805,00 EUR liegen (Bezugsfertigkeit seit 30 Jahren, 11,50 EUR x 70 qm), monatlich also bei 67,08 EUR. Wäre im Haus ein Aufzug vorhanden, ergäbe sich eine jährliche Rücklagenhöhe von 817,00 EUR für die Wohnung.

Wie das Beispiel verdeutlicht, würde sich eine Rücklagenhöhe von knapp unter 1 EUR/m2 ergeben. Auch weil Landessozialgerichte für den Bereich des Mietrechts von einer Mindestrücklagenhöhe von 1 EUR ausgehen[1], sollten sich die Pauschalen der Zweiten Berechnungsverordnung aufgrund der Anpassung an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes in Deutschland zum 1.1.2023 ändern. Bislang ist dies allerdings noch nicht Gesetz. Dennoch sollten die erhöhten Ansätze berücksichtigt werden, um eine angemessene Rücklage bilden zu können. Folgende Pauschalen waren pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr bei zurückliegender Bezugsfertigkeit

  • von weniger als 22 Jahren höchstens 10,61 EUR,
  • von mindestens 22 Jahren höchstens 13,45 EUR,
  • von mindestens 32 Jahren höchstens 17,18 EUR

vorgesehen. Ist ein Aufzug vorhanden, erhöhen sich die Sätze um jeweils 1,30 EUR.

 

Baujahr 1990

Bei einer im Jahr 1990 fertig gestellten Wohnanlage ohne Aufzug würde die jährliche Rücklagenhöhe einer 70-qm-Wohnung im Jahr 2024 bei 1.246,00 EUR liegen (Bezugsfertigkeit seit mindestens 32 Jahren, 17,80 EUR x 70 qm), monatlich also bei 103,83 EUR. Wäre im Haus ein Aufzug vorhanden, ergäbe sich eine jährliche Rücklagenhöhe von 1.337,00 EUR für die Wohnung.

3.2 Peters'sche Formel

Die Peters'sche Formel geht davon aus, dass im Laufe von geschätzten 80 Jahren Lebensdauer eines Gebäudes Instandhaltungskosten in Höhe des 1,5-Fachen der Herstellkosten anfallen, wobei hiervon je nach Ausstattung 65 – 70 % das Gemeinschaftseigentum betreffen.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung nach Peters'scher Formel

Die Baukosten betragen 1.750 EUR je qm Wohnfläche und betreffen zu 70 % das Gemeinschaftseigentum. Bei einer 70-qm-Wohnung würde sich die jährliche Rücklagenhöhe auf 1.607,90 EUR belaufen (1.750 [Baukosten] x 1,5 : 80 [Lebensdauer] x 0,7 [Anteil Gemeinschaftseigentum] x 70 [qm]), mithin auf 133,99 EUR im Monat.

3.3 v. Hauff'sche Formel

Ausgehend vom aktuellen Marktpreis/qm unterstellt die v. Hauff'sche Formel, dass vom Kaufpreis einer Eigentumswohnung lediglich 25 % auf das gemeinschaftliche Eigentum entfallen und dieses spätestens alle 50 Jahre instandsetzungsbedürftig ist.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung nach v. Hauff'scher Formel

Der Marktpreis beträgt 2.500 EUR je qm Wohnfläche. Bei einer 70-qm-Wohnung würde sich die jährliche Rücklagenhöhe auf 875 EUR belaufen (2.500 [Marktpreis] x 0,25 [Anteil Gemeinschaftseigentum] : 50 x 70 [qm]), mithin auf 72,92 EUR im Monat.

Die Spanne reicht nach diesen 3 Berechnungsmodellen von knapp 73 EUR bis über 130 EUR pro Monat.

Zu berücksichtigen ist bei einer Bemessung der Erhaltungsrücklage unter Verwendung von Formeln stets, dass Formeln Besonderheiten der Wohnanlage nicht berücksichtigen können. Ausschlag...

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