Grundsätzlich kann ein vertraglich vorbehaltenes Rücktrittsrecht ohne vorherige Abmahnung ausgeübt werden. Allerdings geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass sich in bestimmten Fällen eine Pflicht zur Abmahnung vor dem Rücktritt aus dem Grundsatz von Treu und Glauben herleiten lasse.[1] Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn sich der Erblasser in einem Erbvertrag den Rücktritt für den Fall vorbehalten hat, dass der Vertragspartner bestimmte Verpflichtungen, wie z. B. zur Verpflegung, Pflege oder Rentenzahlung nicht erfüllt. Allerdings muss der Erblasser den Inhalt der Verpflichtung zu Pflegeleistungen inhaltlich, zeitlich und räumlich konkretisieren, damit der Schuldner überhaupt um seine Pflichten weiß.[2]

Dagegen soll eine Abmahnung nicht erforderlich sein, wenn die Vertragspflichten und die Pflichtverletzungen klar und unmissverständlich vereinbart sind.[3]

 
Praxis-Tipp

Das Abmahnungserfordernis sollte als Voraussetzung des Rücktritts ausdrücklich vertraglich geregelt werden.

Zu beachten ist, dass der Erblasser die Vertragsverletzung im Zweifelsfall zu beweisen hat und er hierbei mangels unabhängiger Dritter oder anderer Beweismittel in Beweisnöte geraten kann. Eine schriftliche und entsprechend gut begründete Abmahnung sorgt hier – wie im Arbeitsrecht auch – für eine gewisse Rechtssicherheit.

[1] Vgl. BGH, Urteil v. 10.7.1967, III ZR 109/66, MDR 1967 S. 993; BGH, Urteil v. 22.1.1981, IVa ZR 97/80, NJW 1981 S. 2299 f.
[3] Vgl. BGH, Urteil v. 22.1.1981, IVa ZR 97/80, NJW 1981, S. 2299 f. Insofern ungenau OLG Düsseldorf, Urteil v. 11.2.1994, 7 U 39/93, ZEV 1994 S. 171 f.; vgl. Raff in Staudinger, BGB (2022), § 2293 Rn. 16.

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