Die Verwaltung versuchte, den Vorwurf der unpräzisen Definition der beiden Anwendungsfälle auf der Basis der existenzsichernden Wirtschaftseinheit (Minimalvoraussetzung) mit dem Rentenerlass 1996/98[1] zu widerlegen. Es werden danach unter dem Gesichtspunkt ausreichender Ertragserwartung Typus 1 und Typus 2 gebildet (Fallgruppenbildung).

Die existenzsichernde WE mit ausreichenden Erträgen repräsentierte der Typus 1. Er liegt vor, wenn aus den durchschnittlich erzielbaren Erträgen die Versorgungsleistungen finanziert werden können.[2] Von besonderer praktischer Bedeutung ist die weitere Folge, dass bei Typus 1 (historischer Prototyp: Altenteiler/Leibgeding) die Abänderbarkeit (nach § 323 ZPO) der Versorgungsleistung unterstellt wird. Ohne einen ausdrücklichen vertraglichen Ausschluss der Klausel, wonach die Bedürfnisse des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten situationsgerecht angepasst werden, liegt bei Typus 1 eine dauernde Last mit den aufgezeigten Folgen vor. Außerhalb der Einkunftsart der übertragenen WE kann der Belastete den Betrag als SA nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in voller Höhe abziehen, der Empfänger hat den identischen Betrag nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu versteuern.[3] Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, dass bei Mischerwerben (Übertragung einer WE mit Schuldübernahme und mit Versorgungsleistung) die auf den unentgeltlichen Bereich der WE[4] entfallenden Erträge zur Finanzierung der Versorgungsleistung ausreichen müssen (Tz. 16 des BMF-RE).

Umgekehrt lag bei (dem heftig umstrittenen) Typus 2 zwar eine existenzsichernde, aber keine ertragsausreichende WE vor. Neben den allgemeinen Kriterien werden als Beispiele Betriebe mit geringem Gewinn oder Mietshäuser mit geringen (bzw. negativen) Einkünften genannt.[5] Bei WE des Typus 2 wurde schließlich seitens der Verwaltung unterstellt (Rz. 38 f. des BMF-RE), dass sie regelmäßig unabänderbar sind. Bei Geld-Versorgungsleistungen nach Typus 2 handelt es sich um eine private Versorgungsrente i. e. S.[6] Sie ist beim Empfänger mit dem Ertragsanteil nach § 22 EStG steuerbar und ist korrespondierend beim Verpflichteten mit dem Ertragsanteil als SA nach § 10 EStG abziehbar.

[1] BMF-RE ("Rentenerlass") v. 23.12.1996 (BStBl I 1996, 1508), geändert durch BMF vo. 30.10.1998 (BStBl I 1998, 1417).
[2] S. Tz. 15 des BMF-RE a. a. O. Dabei ist grundsätzlich von den Jahreserträgen auszugehen. Zur Ermittlung der Erträge ist von der steuerlichen Einkunftsermittlung auszugehen; dabei werden aber die AfA-Posten, außerordentliche Aufwendungen und dgl. (z. B. in bestimmten Fällen – s. Tz. 16 für den teilentgeltlichen Erwerb – auch die Schuldzinsen) wieder hinzugerechnet. Der Nutzungswert der eigengenutzten Wohnung zählt nach BFH v. 10.11.1999 (ZEV 2000, 118) ebenfalls nicht zu den Erträgen.
[3] Zu Typus 1 selbst s. Tz. 11 ff. des BMF-RE a. a. O. und zu den Folgen (dauernde Last) s. Tz. 36 f.
[4] Hierbei ist darauf zu achten, dass je nach übertragener WE das Trennungsprinzip (PV und Einzel-WG) oder das Einheitsprinzip (steuerfunktionale Einheiten wie der Betrieb etc.) angewandt wird.
[5] Tz. 17 f. BMF-RE (a. a. O..
[6] Etwas anderes gilt nur bei ausdrücklicher Bezugnahme auf § 323 ZPO oder bei nicht vertretbaren Sachleistungen (Tz. 39 des BMF-Rentenerlasses a. a. O.).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge