Vorbemerkung: Die Vorgänger- und Vorbildregelung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG: Die Übertragung des Familienwohnheims unter Lebenden)

Vermögensverschiebungen zwischen Ehegatten, die vom Fortbestand der Ehe ausgehen und die unabhängig vom Güterstand zu Vermögenstransfers führen, mit denen die eheliche Lebensgemeinschaft gesichert werden soll, werden als unbenannte oder ehebezogene Zuwendungen bezeichnet. Dieses zivilrechtlich abgeleitete Rechtsinstitut wird aufgrund nunmehr gesicherter BGH-Rspr. nicht als Schenkung i. S. d. §§ 516 ff. BGB qualifiziert. Vielmehr stellt es einen familienrechtlichen Vertrag eigener Art ("sui generis") dar, der als vorweggenommener Zugewinnausgleich zu verstehen ist.

Dieser Betrachtungsweise ist im Ansatz auch der BFH im Jahr 1994 gefolgt.[1] Da auf diese Zuwendungen aber weder ein Rechtsanspruch bestehe noch ihnen eine Gegenleistung gegenüberstehe, gelangt der BFH in diesem Urteil zu der Schlussfolgerung, dass Ehegattenzuwendungen im Allgemeinen objektiv unentgeltlich seien und sie nur dann steuerbar sind, wenn seitens des Zuwendenden das Bewusstsein der Unentgeltlichkeit fehle. Ein (stärkerer) Bereicherungswille wird dabei nicht gefordert. Damit indiziert die ehebezogene Motivation die Unentgeltlichkeit. In der Rechtsfolge anders als der BGH (Verneinung der §§ 516 ff. BGB) gelangte der BFH zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

Durch das JahresStG 1996 ist jedoch für die wichtigste Fallgruppe des Familienwohnheimes die Befreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG – Steuerbefreiung wegen Ehegattenzuwendungen – eingeführt worden. Ausdrücklich steuerfreie Vermögenstransfers in diesem Anwendungsbereich setzen allerdings voraus, dass sich der Mittelpunkt des familiären Lebens in diesem (Familien-)Wohnheim befindet.

Nach dieser mit einer Rückwirkung versehenen Intervention des Gesetzgebers (Steuerfreiheit für alle Erwerbe nach dem 30.05.1994) werden heute zwei Themenbereiche diskutiert:

(1) Konkrete Anwendungsfälle für die Steuerfreiheit nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG:

Der unmittelbare Anwendungsbereich von § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG wird mit folgenden Fällen umschrieben:

  • Übertragung des Allein-(oder Mit-)Eigentums an einem Grundstück,
  • Kauf (Herstellung) eines Anteils aus den Mitteln des anderen Ehegatten,
  • mittelbare Grundstückszuwendung,
  • Darlehenstilgung für eigenes Familienwohnheim aus Mitteln des Ehepartners,
  • Begleichung nachträglicher Aufwendungen.

(2) Analoge Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG auf vergleichbare Vermögenstransfers unter Ehegatten (oder Steuerpflicht gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)?

Für den wichtigsten Anwendungsfall eines ehebedingten Vermögenstransfers auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (Beispiel: fremdvergleichswidrige, überproportionale Beteiligung eines Ehegatten an der Ehepartner-Gesellschaft) wird nach heute h. A. nicht nur eine Analogie zu § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG abgelehnt, sondern nach der überwiegenden Auffassung auch das Vorliegen einer unbenannten Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verneint. Damit, d. h. mit der Annahme eines gesellschaftsrechtlichen Förderzwecks, liegt wegen der Gegenseitigkeit (höhere Beteiligung gegen gesteigerte Gesellschafterleistung) keine volle Unentgeltlichkeit, sondern allenfalls eine gemischte Schenkung vor.[2]

Das ErbStG (2008) hat dieses Rechtsinstitut auf Übertragungen unter Lebenspartnern erstreckt.

[1] BFH v. 2.3.1994, BStBl II 1994, 366 und v. 10.11.2004, BStBl II 2005, 188.
[2] Zu den verschiedenen Lösungsansätzen einerseits Gebel in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG-Kommentar, § 7 Rz. 178 (gesellschaftsrechtlicher Beitrag) sowie andererseits FG Düsseldorf v. 8.7.1998 in: DStRE 2000, 483 (gemischte Schenkung).

2.1 Das (selbst genutzte) Familienwohnheim (§ 13 Nr. 4b und 4c) ErbStG – neu: Übertragung von Todes wegen

2.1.1 Das Familienwohnheim zugunsten der Ehegatten (Lebenspartner)

2.1.1.1 Auszug aus der Gesetzesbegründung:

„Die Regelung zur Steuerfreistellung von Wohneigentum für Ehegatten und Lebenspartner dient neben dem Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraums dem Ziel der Lenkung in Grundvermögen schon zu Lebzeiten des Erblassers. Insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzmarktentwicklung des Jahres 2008 dient die Regelung dazu, das Familiengebrauchsvermögen krisenfest zu erhalten. Ein in diesem Sinne besonders geschütztes Familiengebrauchsvermögen ist bei Ehegatten und Lebenspartnern stets anzunehmen.

Die Regelung zur Steuerfreistellung von Wohneigentum für Ehegatten und Lebenspartner entspricht im Übrigen dem geltenden Recht einer Steuerbefreiung für die lebzeitige Zuwendung eines Familienheims unter Ehegatten nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.

Muss ein Erbe begünstigtes Vermögen aufgrund eines Vermächtnisses oder einer Auflage des Erblassers auf einen Dritten übertragen, soll der Dritte, der für den Erwerb des begünstigten Vermögens anderes aus demselben Nachlass stammendes Vermögen hingibt, so gestellt werden, als habe er von Anfang an begünstigtes Vermögen erhalten. Entsprechendes gilt auch, wenn ein Erbe im Rahmen der Teilung des Nachlasses seinen erworbenen Anteil am begünstigten Vermögen auf einen Miterben überträgt.

Der Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraums gebietet es jedoch anderersei...

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