Der Steuergesetzgeber hat die Möglichkeit der Gestaltungsberatung und steuerrechtliche Anerkennung des Widerrufsvorbehalts oder anderer (fixierter) Rückforderungsrechte erkannt.

Im Reformpaket "ErbStRG" wird eine lex specialis für sog. Widerrufsvorbehalte/Rückforderungsrechte für Betriebsvermögen umgesetzt (= eine sog. Missbrauchsbekämpfungsnorm[1]).

 
Hinweis

Der steuerrechtliche Gestaltungsmissbrauch[2] wird dieser Gestaltung wohl kaum entgegentreten können, da die tatsächliche Vereinbarung eines Widerrufsbehalts nicht unangemessen ist.

Die neuen Begünstigungsvorschriften (= Verschonungsabschlag[3] und/oder gleitender Freibetrag[4]) sind nicht anzuwenden, wenn das begünstigte Betriebsvermögen

  • vor dem 1.1.2011 erworben[5] wird,
  • bereits Gegenstand einer vor dem 1.1.2007 ausgeführten Schenkung desselben Schenkers an denselben Beschenkten war und
  • wegen eines vertraglichen Rückforderungsrechts nach dem 11.11.2005[6] herausgegeben werden musste.[7]

 
Hinweis

Zitat

Der neue Absatz 3 soll verhindern, dass Zuwendungen, die vor dem 1. Januar 2007 ausgeführt und nach §§ 13a, 19a ErbStG entlastet werden, aufgrund vertraglicher Widerrufs- und Rücktrittsklauseln zurück abgewickelt werden verbunden mit einer Erstattung der bereits entrichteten Steuer gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, um die günstigeren neuen Bestimmungen auszunutzen.

Die bisherigen §§ 13a, 19a ErbStG sind über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung hinaus nicht anwendbar.

Der Ausschluss der neuen Begünstigungen soll für Zuwendungen gelten, für die innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren seit dem 1. Januar 2007 die Steuer entsteht.[8]

Zitat

Am 11. November 2005 haben die Koalitionsparteien in ihrer Vereinbarung angekündigt, die Unternehmensnachfolge durch die hier geregelten Begünstigungen zu erleichtern. Rückabwicklungen ab diesem Datum führen deshalb dazu, dass die neuen Begünstigungen für eine nachfolgende Zuwendung nicht in Anspruch genommen werden können.[9]

Bei freien Widerrufsvorbehalten für private Immobilien usw. ist keine Nichtanwendungsvorschrift für deren Gestaltung verabschiedet worden.

Insoweit kann eine Schenkung, unter Besteuerung nach dem derzeitigen Recht, im Schenkungsvertrag mit Widerrufsvorbehalt versehen werden, um später eine Rückforderung geltend zu machen, und das neue Recht bei einer erneuten Schenkung anzuwenden.

 

Beispiel: Privatvermögen

Vater V schenkt seiner Tochter mit Widerrufsvorbehalt ein Mietwohngrundstück zum 1.2.2008.

Der steuerrechtliche Wert (alte) Grundbesitzwert beziffert sich auf 300.000 EUR[10] und der (neue) Grundbesitzwert[11] auf 500.000 EUR.

Auf dem Mietwohngrundstück lasten in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Anschaffung verursachte Schulden in Höhe von 25.000 EUR. Die Valuta beträgt zum 1.2.2009 20.000 EUR.

Zum 31.1.2009 übt der Vater sein Rückforderungsrecht aus.

Die bis dahin vereinnahmten Mieteinnahmen (= Jahreswert 5.000 EUR) verbleiben der Tochter.

Zum 1.2.2009 schenkt der Vater das Mietwohngrundstück erneut seiner Tochter.

Lösung:

Hinweis:

Inwieweit die Finanzverwaltung derartige zeitlich in kurzen Abständen stattfindende Gestaltungen durch Anwendung der sog. Gesamtplanrechtsprechung[12] angreifen wird, bleibt abzuwarten.[13]

Als Abwehrberatung ist es empfehlenswert, zwischen dem Rückfall und der erneuten Schenkung eine "Schamfrist" von mindestens zwölf Monaten abzuwarten.

Die jeweiligen Übertragungen müssen durch tatsächliche Grundbucheintragungen dokumentiert werden, soweit unbebaute oder bebaute Grundstücke betroffen sind. Nur so wird zivil- und steuerrechtlich von tatsächlich vollzogenen Schenkungen und Rückfällen ausgegangen.

 

Beispiel: Betriebsvermögen mit fixierter Rückfallklausel

Vater V überträgt seinem Sohn S einen Anteil an seinem Mitunternehmeranteil mit einem Wert (des Betriebsvermögens/Mitunternehmerteilanteil) in Höhe von 475.000 EUR.

Die jährlichen Gewinnanteile betragen 75.000 EUR und dürfen bei einem eventuellen Rückfall von S behalten werden.

Die Schenkung erfolgt auf den 31.3.2008.

Der Schenkungsvertrag enthält eine fixierte zulässige Rückfallklausel, soweit bei einer Verheiratung kein Ehegattenvertrag mit Gütertrennung vereinbart wird.

Zum 31.12.2008 heiratet S ohne Ehevertrag.

Zum 30.6.2010 einigt sich S mit seiner Ehefrau auf einen Ehevertrag mit Gütertrennung und eine "Ausgleichslebensversicherung".

Lösung:

Übt V das Rückfallrecht aus und wird rückabgewickelt, erlischt die Schenkungsteuer.

Die Schenkungsteuererstattung mindert sich um den Kapitalwert der jährlichen Gewinne aus dem Mitunternehmerteilanteil.

[1] § 37 Abs. 3 ErbStG.
[2] § 42 AO.
[3] § 13a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 13b Abs. 4 ErbStG.
[4] § 13a Abs. 2 ErbStG.
[5] = Erwerb von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden.
[6] Es könnte es sich um eine echte Rückwirkung (= tatbestandliche Rückanknüpfung) handeln; vgl. ausführlich Dr. Wälzholz in: "Erbschaftsteuerreform – Übergangsregelungen, Rückwirkung, freie Rückforderungsrechte und Verfahren", BBEV 2007, 374 ff.
[7] § 37 Abs. 3 ErbStG.
[8] BR-Drs. v. 4.1.2008, 4/08, ErbStRG, Gesetzesbegründung, zu N...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge