3.1.1 Überblick und Systematik

Die Neuregelung beim Betriebsvermögen, die in § 13a und § 13b ErbStG festgehalten sind, stellen – neben den bewertungsrechtlichen Neuregelungen – den Kernpunkt der Erbschaftsteuerreform dar. Danach wird in der Grundvariante (7/15-Option) das übertragene Betriebsvermögen mit 85 Prozent seines Werts von der Besteuerung freigestellt. Auf den verbleibenden Betrag ist der (gleitende) Abzugsbetrag von 150.000 EUR anzuwenden. Ein sodann noch verbleibender Betrag ist steuerpflichtig, unterfällt allerdings nach § 19a ErbStG vollständig dem Steuertarif der Steuerklasse I. Optional gewährt der Gesetzgeber die Möglichkeit, dass 100 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei gestellt werden (§ 13a Abs. 8 ErbStG), knüpft die Optionsvariante (10/0-Option) allerdings an (noch) strengere Voraussetzungen als die Grundvariante.

3.1.1.1 Grundvariante (7/15-Option)

Ist der Wert des (Einzel-)Unternehmens ermittelt (vgl. B 4.1), bleiben hiervon in der Grundvariante 85 Prozent gem. § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG außer Betracht (Verschonungsabschlag). Erfasst werden mithin nur 15 Prozent des Werts des Betriebsvermögens, von dem der Gesetzgeber im Rahmen einer typisierenden Betrachtung davon ausgeht, dass es sich hierbei um (nicht begünstigtes) Verwaltungsvermögen handelt. In einem weiteren Schritt ist dann der (gleitende) Abzugsbetrag von 150.000 EUR gem. § 13a Abs. 2 ErbStG zu berücksichtigen. Bis zu einem Wert des Betriebsvermögens von 1 Mio. EUR ist daher eine steuerfreie Übertragung zukünftig möglich.

Der nach Berücksichtigung des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrags verbleibende Betrag ist im Rahmen der Erbschafts-/Schenkungsbesteuerung anzusetzen, wobei unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis des Erben/Beschenkten zum Erblasser/Schenker stets Steuerklasse I für die Ermittlung des Steuertarifs anzuwenden ist (§ 19a Abs. 1 und 2 ErbStG).

 
  Der Wert des nach § 13a, § 13b ErbStG erfassten Vermögens ermittelt sich daher wie folgt:
  Wert des begünstigten Betriebsvermögens
  – Verschonungsabschlag (85 Prozent)
  – gleitender Abzugsbetrag  
 

Wert des für erbschaft-/schenkungsteuerliche Zwecke anzusetzenden (begünstigten) Betriebsvermögens

Besteuerung unter Zugrundelegung von Steuerklasse I

3.1.1.2 Optionsvariante (10/0-Option)

Bei der Optionsvariante, die vom Erwerber unwiderruflich bis zur Bestandskraft des Schenkungsteuer-/Erbschaftsteuerbescheids zu beantragen ist, bleiben 100 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei. Auf den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG kommt es daher nicht mehr an. Auch kommt § 19a ErbStG bei der Optionsvariante nicht zum Tragen, da entweder keine Steuer auffällt oder der der Besteuerung unterfallende Betrag nicht nach § 19a ErbStG begünstigt ist (Ausnahme: Erbe/Beschenkter unterfällt nach § 15 ErbStG der StKl. I).

3.1.2 Voraussetzungen des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrags in der Grundvariante bei Übertragung

Um bei Übertragung in den Genuss des Verschonungsabschlags und des Abzugbetrags zu gelangen, sind bereits in der Grundvariante diverse Voraussetzungen zu erfüllen.

3.1.2.1 Grundsätzlich begünstigtes Betriebsvermögen

Zunächst ist erforderlich, dass es sich überhaupt um grundsätzlich begünstigtes Vermögen (Elementarbetriebsvermögen) handelt. Hier knüpft die Neuregelung an bereits bekannte Muster an. Wie schon nach altem Recht ist grundsätzlich begünstigtes Vermögen gegeben, wenn es sich um inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen (ohne Stückländereien, § 168 Abs. 2 BewG), inländisches Betriebsvermögen im Sinne des Bewertungsgesetzes oder um inländische Beteiligungen an Kapitalgesellschaften handelt, an deren Nennkapital der Erblasser/Schenker zu über 25 Prozent unmittelbar beteiligt ist (Mindestbeteiligung).

Erweitert wird dieser – bereits nach altem Recht bekannte – Anwendungsbereich um im EU-/ EWR-Ausland gelegene Betriebsstätten von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und von Betriebsvermögen. Gleichfalls sind nunmehr auch Mindestbeteiligungen an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im EU-/EWR-Ausland von §§ 13a, b ErbStG begünstigt. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs macht insbesondere unter EU-rechtlichen Überlegungen Sinn, führt zu einer begrüßenswerten (weitgehenden) Gleichbehandlung im EU-/ EWR-Raum und kommt den Vorgaben des EuGH-Urteils "Jäger" nach.[1]

Da der Gesetzeswortlaut bezüglich Mindestbeteiligungen an Kapitalgesellschaften lediglich auf den Sitz oder die Geschäftsleitung der Gesellschaft im EU-/EWR-Raum abstellt, kommt es bei Mindestbeteiligungen nicht darauf an, wo sich das Gesellschaftsvermögen befindet. Auch bei einem Gewerbebetrieb oder einer Personengesellschaft wird lediglich gefordert, dass das betreffende Vermögen einer Betriebsstätte im EU-/EWR-Raum dient. Auch hier ist unerheblich, wo sich der Gewerbebetrieb oder die Personengesellschaft befindet. Dies führt zu teilweise überraschenden Ergebnissen, wie folgende Beispiele zeigen:

 

Beispiel 1

Der in Deutschland lebende Vater V überträgt seine 30-Prozent-Beteiligung an der F-GmbH mit Sitz in Frankreich auf seinen Sohn S. Das Vermögen der F-GmbH befindet sich in der Schweiz und dient einer dortigen Betriebsstätte.

Lösung:

Die Übertragung ist grundsätzlich begünstigt, da lediglich auf den in der EU befindlichen Si...

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