Zusammenfassung

 
Überblick

Das heute geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht geht auf die Erbschaftsteuerreform des Jahres 2008 und die Ende 2009 vorgenommenen Änderungen durch das sog. Wachstumsbeschleunigungsgesetz zurück.

Aktuell steht die Verfassungsmäßigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuer wieder in der Diskussion. In der Steuerfachliteratur wird seit dem Inkrafttreten der Reform dies in Zweifel gezogen. Der Bundesfinanzhof hat im Herbst 2012 dem Bundesverfassungsgericht diese Frage zur Entscheidung vorgelegt. Der Bundesfinanzhof hält die Steuerbegünstigungen bei der Übertragung von Unternehmensvermögen für verfassungswidrig. Es bleibt abzuwarten, wann das Bundesverfassungsgericht über die Richtervorlage entscheiden wird.

Steuerbescheide über Erbschaft- oder Schenkungsteuer ergehen seit November 2012 hinsichtlich der vom Bundesfinanzhof vorgelegten Frage der Verfassungsmäßigkeit vorläufig. Einsprüche, um mit dieser Begründung mögliche Rechtspositionen zu wahren, sind damit nicht notwendig.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Erbschaftsteuergesetz

Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) vom 27.2.1997, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 15.3.2012 sowie

Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung (ErbStDV) vom 8.9.1998, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.12.2010.

Erbschaftsteuer-Richtlinien

Für alle Erwerbsfälle, für die die Steuer nach dem 2.11.2011 entstanden ist, sind die Erbschaft- und Schenkungsteuer-Richtlinien 2011[1] anzuwenden. Sie sind Weisungen an die Finanzbehörden zur einheitlichen Anwendung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts und der dazu notwendigen Regelungen des Bewertungsrechts. Bisher ergangene Anweisungen, die mit diesen Richtlinien in Widerspruch stehen, sind nicht mehr anzuwenden.

Amtliche Hinweise

Zeitgleich zu den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 sind ergänzend sogenannte Hinweise ergangen – die Erbschaftsteuer-Hinweise 2011.[2] Die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17.3.2003, zuletzt geändert durch die gleich lautenden Ländererlasse vom 20.10.2010 wurden damit aufgehoben. Die amtlichen Hinweise enthalten neben zahlreichen Beispielen den ausgewählten aktuellen Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erbschaft- und Schenkungsteuer und zum Bewertungsrecht.

[1] v. 19.12.2011, BStBl I Sondernummer 1, S. 2.
[2] v. 19.12.2011, BStBl I Sondernummer 1, S. 117.

1 Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts

1.1 Beschluss vom 22.6.1995

Freistellung des Familiengebrauchsvermögens

Im Jahr 1995 stand die Frage der Steuerfreistellung des sog. Familiengebrauchsvermögens im Mittelpunkt der verfassungsrechtlichen Beurteilung. Dieses muss steuerfrei an die nächste Generation übergehen können. Anhaltspunkt für den Umfang der Steuerbefreiung ist der durchschnittliche Wert eines üblichen Einfamilienhauses. Der Gesetzgeber setzte diese verfassungsrechtliche Vorgabe durch eine wesentliche Erhöhung der persönlichen Freibeträge für Erwerber des engsten Familienkreises (= Angehörige der Steuerklasse I) um.

Grundstücksbewertung 1996 systembedingt günstig

Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht die seinerzeit geltende Bewertung von Grundstücken mit dem Einheitswert nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1964 als gleichheitswidrig und damit als nicht verfassungsgemäß angesehen. Bei der daraufhin seit 1996 anzuwendenden Bedarfsbewertung für Grundstücke waren zwar aktuelle Grundstückserträge zugrunde zu legen. Durch die Anwendung eines Multiplikators von generell 12,5 unabhängig von der Grundstücksart kam es systembedingt für die Steuerzahler weiterhin zu sehr günstigen erbschaftsteuerlichen Grundstückswerten. Hieraus ergab sich der Ansatzpunkt für die Entscheidung des Jahres 2006.

[1] BVerfG, Beschluss v. 22.6.1995, 2 BvR 552/91, BStBl 1995 II S. 671.

1.2 Beschluss vom 7.11.2006

Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz

Mit dem am 31.1.2007 veröffentlichten Beschluss erklärte das Bundesverfassungsgericht die erbschaftsteuerlichen Tarifvorschriften (§ 19 ErbStG) wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG mit der Verfassung für unvereinbar. Denn für alle Vermögensarten kommt ein einheitlicher Steuersatz zur Anwendung, obwohl wesentliche Gruppen von Vermögensgegenständen nicht mit einem an den gemeinen Wert angenäherten Steuerwert in die Bemessungsgrundlage eingehen. Das Gericht forderte den Gesetzgeber auf, die Vermögensbewertung bis zum 31.12.2008 neu zu regeln.

Bewertungsmaßstab generell der Verkehrswert

Der Gesetzgeber hat durch die Ausgestaltung der Erbschaftsteuer als Erbanfallsteuer eine Grundentscheidung für die Besteuerung des durch den Vermögensübergang entstehenden Zuwachses der Leistungsfähigkeit getroffen. Dieser wird dadurch realisiert, dass der Erwerber aufgrund des Vermögenstransfers über Geld bzw. Vermögensgegenstände mit einem Geldwert verfügt. Der Geldwert kann in der Regel nur durch einen Verkauf realisiert werden. Damit ergibt sich der Zuwachs der Leistungsfähigkeit beim Erwerb von nicht in Geld bestehenden Vermögensgegenständen "aus dem bei einer Veräußerung unter objektiven Bedingungen erzielbaren Preis". Dieser entspricht dem Verkeh...

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