Hinsichtlich der Klageziele ist zu unterscheiden zwischen der Dokumentation des Ist-Zustandes zur Vermeidung späterer Auseinandersetzungen mit dem Nacherben und den den nicht befreiten Vorerben treffenden Handlungspflichten.

Um sich vor Ersatzansprüchen des Nacherben zu schützen kann der Vorerbe gemäß § 2122 Satz 1 BGB auf Antrag den tatsächlichen Zustand auch einzelner zum Nachlass gehörender Sachen (nicht Rechte) feststellen lassen. Diese Feststellung erfolgt auf Kosten des Vorerben durch einen oder mehrere Sachverständige.

Hierbei handelt es sich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 410 Nr. 2 FamFG. Soweit die Verfahrensbeteiligten nichts anderes vereinbart haben, ist gemäß § 411 Abs. 2 Satz 1 FamFG das Amtsgericht am Belegenheitsort örtlich zuständig. Die Gerichtskosten in Höhe einer 0,5-Gebühr (§ 34 GNotKG, KV Nr. 15212 Ziffer 1 Anlage 1 GNotKG) hat der Vorerbe zu tragen.

Da der beschränkte Vorerbe verpflichtet ist den Nachlass in dem Zustand herauszugeben, den er bei einer ordnungsgemäßen Verwaltung hat, steht ihm im Gegenzug nach § 2120 BGB das Recht zu vom Nacherben die Zustimmung zu solchen Maßnahmen zu verlangen, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, d. h. zur Substanzerhaltung, erforderlich sind. Gleiches gilt im Rahmen der befreiten Vorerbschaft für unentgeltliche Verfügungen, §§ 2136, 2113 Abs. 2 BGB. Sollte auch der befreite Vorerbe in der Praxis einmal den Nachweis der Zustimmung des Nacherben zu einer Grundstücksveräußerung erbringen müssen, ergibt sich sein Anspruch analog § 2120 BGB.

Der Nacherbe hat seine Zustimmung auf Verlangen des Vorerben in öffentlich beglaubigter Form und im Falle einer Grundstücksveräußerung in notariell beurkundeter Form abzugeben. Die Kosten hierfür hat der Vorerbe persönlich zu tragen, da es sich um gewöhnliche Erhaltungskosten handelt (vgl. § 2120 Satz 3 BGB).

Erst wenn der Nacherbe der ordnungsgemäßen Aufforderung nicht nachkommt, kann der Vorerbe hierauf klagen. Die Aufforderung unterliegt den gleichen Anforderungen wie jede andere Klageschrift, d. h. sie muss die erforderliche Form der Zustimmungserklärung, die Verpflichtung des Vorerben zur Kostenübernahme und die konkret beabsichtigte Verfügung enthalten sowie die Gründe darlegen, nach denen die Maßnahme für eine ordnungsgemäße Verwaltung erforderlich ist.

 
Wichtig

Richtige Klageart ist die Leistungsklage auf Einwilligung in eine konkrete Verfügung, nicht die Feststellungsklage.

Entsprechendes gilt für die Zustimmung zur Verfügung über hinterlegte Wertpapiere, § 2116 Abs. 2 BGB, wenn der Vorerbe nicht nach § 2136 BGB von dieser Verpflichtung befreit wurde.

Gehört ein Wald, ein Bergwerk oder eine vergleichbare Anlage zum Nachlass, ist der Vorerbe zur ordnungsgemäßen Wirtschaft verpflichtet. Unstimmigkeiten über deren Einhaltung können mit der Errichtung eines Wirtschaftsplanes vermieden werden. Erteilt der Nacherbe seine Zustimmung zu einem bestimmten Wirtschaftsplan, ist dieser für beide Parteien bindend. Bei Einhaltung der Vorgaben entzieht ein solcher Plan etwaigen Schadensersatzansprüchen des Nacherben die Grundlage, gibt dem Nacherben jedoch im Gegenzug auch das Recht auf Einhaltung des Plans zu klagen. Die Kosten der Planaufstellung sind Nachlassverbindlichkeiten nach § 2123 Abs. 1 Satz 3 BGB.

Sollte der Nacherbe seine Zustimmung zu einem konkreten Plan verweigern, kann der Vorerbe hierauf klagen. Gemäß § 894 ZPO wird die Zustimmung des Nacherben mit Rechtskraft fingiert.

Da das Anwartschaftsrecht des Nacherben zwischen dem Eintritt des Erbfalls und des Nacherbfalls übertragbar ist, wird teilweise angenommen, dass dem Vorerben analog § 2034 BGB ein Vorkaufsrecht zusteht, soweit weitere Mitnacherben nicht vorhanden sind oder diese ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben. Das Vorkaufsrecht ist in diesem Fall innerhalb von zwei Monaten nach der Mitteilung über den Vertragsschluss dem Nacherben gegenüber gemäß den §§ 469, 464 BGB geltend zu machen. Eine entsprechende Klage des Vorerben auf Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts aufgrund eines gesetzlichen Vorkaufsrechts birgt jedoch ein erhebliches Prozessrisiko, da sich ein solcher Anspruch nicht aus dem Gesetz ergibt und die Rechtsprechung zur Existenz dieses Anspruches noch nicht klar Stellung genommen hat.[1]

[1] Vgl. aber OLG Braunschweig, Beschluss v. 13.5.2020, 3 W 74/20, für den Fall der Veräußerung des Nacherbenanwartschaftsrechts.

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