Während der Erbschein nur die Vermutung begründet, dass demjenigen, welcher in ihm als Erbe bezeichnet ist, das darin ausgewiesene Erbrecht zusteht, vgl. § 2365 BGB, erwächst das im Feststellungsrechtsstreit ergehende Urteil zwischen den Parteien in Rechtskraft i. S. d. § 325 ZPO. Da die Entscheidung im Erbscheinsverfahren weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft über das Erbrecht fähig ist, kommt ihr auch keine Bindungswirkung für einen streitigen Feststellungsprozess zu.

Hierin liegt das für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist diese Gefahr zu beseitigen. Für eine Feststellungsklage besteht im Übrigen auch dann ein Rechtsschutzinteresse und -bedürfnis, wenn entweder ein Erbscheinsverfahren anhängig gemacht werden könnte oder sogar ein Erbschein bereits erteilt wurde. Aus diesem Grund braucht sich ein Kläger auch nicht auf das Erbscheinsverfahren verweisen zu lassen. Werden beide Verfahren parallel betrieben, kann allein das Erbscheinsverfahren nach § 148 ZPO ausgesetzt werden.[1]

 
Hinweis

Für den (Mit-)Erbenvertreter gilt es unbedingt zu beachten, dass für das Erbscheinsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz und im Feststellungsprozess der Beibringungsgrundsatz gilt.

[1] Vgl. für den ausnahmsweise umgekehrten Fall LG Braunschweig, Beschluss v. 21.10.2021, 8 T 500/21 (298).

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