Zunächst ist festzuhalten, dass ein Erbe sein Erbrecht grundsätzlich gegenüber Dritten wie Banken, Versicherungen oder Grundbuchämtern nachweisen muss. Dies kann entweder durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift eines Testaments oder eines vom Nachlassgericht erteilten Erbscheins erfolgen. Ist zwischen zwei Personen ein Erbrecht streitig und der erforderliche Nachweis somit unmöglich, kann dieses verbindlich nur im Feststellungsrechtsstreit vor den ordentlichen Gerichten gemäß § 256 ZPO geklärt werden.

4.1 Verhältnis zum Erbscheinsverfahren

Während der Erbschein nur die Vermutung begründet, dass demjenigen, welcher in ihm als Erbe bezeichnet ist, das darin ausgewiesene Erbrecht zusteht, vgl. § 2365 BGB, erwächst das im Feststellungsrechtsstreit ergehende Urteil zwischen den Parteien in Rechtskraft i. S. d. § 325 ZPO. Da die Entscheidung im Erbscheinsverfahren weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft über das Erbrecht fähig ist, kommt ihr auch keine Bindungswirkung für einen streitigen Feststellungsprozess zu.

Hierin liegt das für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist diese Gefahr zu beseitigen. Für eine Feststellungsklage besteht im Übrigen auch dann ein Rechtsschutzinteresse und -bedürfnis, wenn entweder ein Erbscheinsverfahren anhängig gemacht werden könnte oder sogar ein Erbschein bereits erteilt wurde. Aus diesem Grund braucht sich ein Kläger auch nicht auf das Erbscheinsverfahren verweisen zu lassen. Werden beide Verfahren parallel betrieben, kann allein das Erbscheinsverfahren nach § 148 ZPO ausgesetzt werden.[1]

 
Hinweis

Für den (Mit-)Erbenvertreter gilt es unbedingt zu beachten, dass für das Erbscheinsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz und im Feststellungsprozess der Beibringungsgrundsatz gilt.

[1] Vgl. für den ausnahmsweise umgekehrten Fall LG Braunschweig, Beschluss v. 21.10.2021, 8 T 500/21 (298).

4.2 Unzulässigkeit einer Erbenfeststellungsklage

Unzulässig ist die Erbenfeststellungsklage nach rechtskräftiger Entscheidung über die Erbunwürdigkeit.

Das OLG Saarbrücken hat sich mit dem Konkurrenzverhältnis zwischen der auf Feststellung der Erbunwürdigkeit gerichteten Anfechtungsklage und der Erbenfeststellungsklage befasst.[1] Aufgrund des gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für die Feststellungsklage geforderten Feststellungsinteresses ist eine Erbenfeststellungsklage immer dann unzulässig, wenn bereits im Wege der Anfechtungsklage zum Zwecke der Feststellung der Erbunwürdigkeit rechtskräftig festgestellt worden ist, dass der Beklagte (beispielsweise aufgrund vorsätzlicher Tötung des Erblassers) erbunwürdig ist. Der BGH[2] hat klargestellt, dass auch ein Versäumnisurteil, welches die Erbunwürdigkeit nach §§ 2342, 2344 BGB ausspricht, Bindungswirkung hat.

Eine Erbenfeststellungsklage ist ebenfalls unzulässig, soweit ein Sozialleistungsträger die Feststellung eines Leistungsbeziehers begehrt. Der BGH[3] stellt dabei auf die fehlende Rechtsbeziehung des Sozialleistungsträgers zum Nachlass – im Gegensatz zu der eines Testamentsvollstreckers – ab, die für die Annahme eines besonderen Feststellungsinteresses nun einmal unerlässlich ist.

Soweit eine Klage auf Feststellung des Erbrechts zulässig ist, hat das Gericht aufgrund der Relativität von Prozessrechtsverhältnissen einen weiten Prüfungsumfang und ist es daher berechtigt, seiner Entscheidung auch solche Verfügungen des Erblassers zugrunde zu legen, die das konkrete Prozessrechtsverhältnis nur mittelbar betreffen.[4]

[2] BGH, Beschluss v. 26.4.2023, IV ZB 11/22.
[3] BGH, Beschluss v. 2.11.2022, IV ZR 39/22.
[4] So OLG München, Beschluss v. 5.7.2021, 33 U 7071/20.

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