Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 WEG wird zwar ein Verschulden des störenden Wohnungseigentümers vorausgesetzt, die Rechtsprechung jedoch denkt hierüber anders. Nach überwiegender Auffassung ist ein Verschulden des Wohnungseigentümers nicht erforderlich. Das Bundesverfassungsgericht[1] ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, es sei allein Aufgabe der Fachgerichte zu klären, ob ein Verschulden im Rahmen des jeweiligen Entziehungsgrundes notwendig sei oder nicht. Verletze jedoch ein Wohnungseigentümer seine Pflichten den anderen Wohnungseigentümern gegenüber nicht in schwerem Maße und liege eine Wiederholung der Pflichtverletzung nicht nahe, müssten zumindest besondere Gründe vorliegen, wenn allein aufgrund der vergangenen Verletzung eine Verpflichtung zur Veräußerung des Wohnungseigentums erfolgen solle.

Das LG Hamburg[2] hat insoweit klargestellt, dass eine Pflichtverletzung im Sinne von § 18 WEG a. F. nicht zwingend ein schuldhaftes und subjektiv vorwerfbares Verhalten voraussetze. Auch ein aufgrund der individuellen Disposition für den Wohnungseigentümer nicht oder nur schwer vermeidbares Verhalten kann zur Folge haben, dass den Wohnungseigentümern eine Fortsetzung der Gemeinschaft nicht mehr zugemutet werden kann. Eine Entziehung des Wohnungseigentums kommt also auch im Falle eines "Messie-Syndroms" in Betracht, in dem sich der betroffene Wohnungseigentümer zwar um fachliche Hilfe bemüht, diese aber erfolglos bleibt.

[2] LG Hamburg, Urteil v. 6.4.2016, 318 S 50/15.

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