Leitsatz

Beschluss die erforderliche Abmahnung vorausgegangen ist. Dagegen ist die inhaltliche Richtigkeit der in der Abmahnung aufgeführten Gründe und die Frage, ob nach der Abmahnung erneut gegen Pflichten verstoßen worden ist, ausschließlich Gegenstand der Entziehungsklage.

 

Fakten:

Die Entziehung des Wohnungseigentums setzt gemäß § 18 Abs. 3 WEG einen Beschluss der Wohnungseigentümer voraus. Dieser hat nicht selbst die Entziehung des Wohnungseigentums zur Folge, sondern stellt eine besondere Prozessvoraussetzung der nachfolgenden Entziehungsklage dar. Dem Entziehungsbeschluss muss regelmäßig eine Abmahnung des betroffenen Wohnungseigentümers vorausgehen. Ausdrücklich ist dies in § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG für den Fall geregelt, dass der Entziehungsgrund aus einer groben Verletzung der Pflichten nach § 14 WEG hergeleitet werden soll. Darüber hinausgehend ist eine Abmahnung nach der Rechtsprechung grundsätzlich auch dann erforderlich, wenn die Entziehung auf § 18 Abs. 1 WEG gestützt wird, ohne dass ein Regelbeispiel gemäß § 18 Abs. 2 WEG vorliegt. Grund hierfür ist die einschneidende Wirkung der Entziehungsklage, die mit Blick auf die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes nur letztes Mittel sein kann. Die Abmahnung soll einerseits den Wohnungseigentümer warnen und ihm Gelegenheit zur Änderung seines Verhaltens geben, andererseits den übrigen Wohnungseigentümern eine sichere Entscheidungsgrundlage für den Entziehungsbeschluss verschaffen. Diese Zwecke kann sie nur dann erfüllen, wenn sie dem Entziehungsbeschluss vorausgeht. Auf eine Abmahnung kann nur ausnahmsweise verzichtet werden, wenn sie unzumutbar ist oder ofenkundig keine Aussicht auf Erfolg bietet. Wird der Entziehungsbeschluss angefochten, werden im Rahmen dieser Klage nur die formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung geprüft. Die materiellen Gründe sind dem Verfahren der Entziehungsklage vorbehalten. Die materiellen Voraussetzungen der Entziehung sind schon deshalb nicht Gegenstand der Anfechtungsklage, weil Inhalt des Beschlusses nur die Frage ist, ob die Veräußerung verlangt werden soll. Über die Berechtigung eines solchen Verlangens entscheiden nicht die Wohnungseigentümer, sondern das Gericht. Dagegen müssen die formalen Voraussetzungen für das Veräußerungsverlangen bei der Beschlussfassung vorliegen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 08.07.2011, V ZR 2/11BGH, Urteil vom 8.7.2011 – V ZR 2/11

Fazit:

Eine vorangehende Abmahnung ist formelle Voraussetzung des Entziehungsbeschlusses und damit Gegenstand der Anfechtungsklage. Im Ergebnis muss also im Rahmen der Anfechtungsklage geprüft werden, ob eine Abmahnung vorliegt oder ob die Gründe für den Entziehungsbeschluss so gewichtig sind, dass sie ausnahmsweise entbehrlich ist. Auch muss die Abmahnung hinreichend bestimmt sein und ein Verhalten aufzeigen, das als solches einen Entziehungsbeschluss rechtfertigen kann. Ob Vorwürfe dagegen inhaltlich zutreffen und ob nach der Abmahnung erneut gegen Pflichten verstoßen worden ist, ist ausschließlich Gegenstand der Entziehungsklage.

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