I. Gesetzlicher Mindestinhalt

1. Begriffsklärungen

 

Rz. 99

Englische Kapitalgesellschaften benötigen zwei unterschiedliche Dokumente, die die Verfassung der Gesellschaft bestimmen. Diese sind nach dem CA 2006 die Articles of association und das Memorandum of association, welches jedoch keine materiell-rechtlichen Satzungsbestimmungen enthält.

 

Rz. 100

Ltd.s, die nach dem CA 1985 gegründet wurden und deren Memorandum derlei Regelungen enthält, werden als Gesellschaften mit "old style memorandum" bezeichnet. Nach dem CA 2006 ist das Memorandum die schlichte Erklärung der Gründungsgesellschafter im Rahmen des Anmeldeprozesses, eine Ltd. als juristische Person errichten und Anteile übernehmen zu wollen (Sec. 8 CA 2006). Ltd.s, die vor dem CA 2006 gegründet wurden und deren Memorandum weitergehende Regelungen enthält, werden als Gesellschaften mit "old style memorandum" bezeichnet. Für Ltd.s, die ein "old style memorandum" mit materiellen Regelungen haben, "verschiebt" Sec. 28 CA 2006 die im Memorandum enthaltenen materiellen Regelungen ab Oktober 2009 in die Articles der Gesellschaft.

 

Rz. 101

Die auf das Innenverhältnis der Gesellschaft gerichteten Angaben sind in den Articles of association niedergelegt. In der Rechtspraxis orientieren sich die Bestimmungen weit gehend an der gesetzlichen Mustersatzung (Table A in der angepassten Fassung durch Regulation SI 2008/3229 zum CA 2006), d.h., es werden von der Gesellschaft keine eigenen Bestimmungen getroffen. Jede Gesellschaft muss gem. Sec. 18 CA 2006 Articles haben, selbst gefasste Articles müssen nach Sec. 18 Abs. 2 und 3 CA 2006 bei der Eintragung vorliegen und formal in einer durchnummerierten Reihenfolge gefasst sein.

 

Rz. 102

Für Ltd.s, deren Gesellschafter keine eigenen Articles beschließen, gelten nach Sec. 20 CA 2006 die Articles in der Fassung der Table A. Im weiteren Verlauf der Darstellung wird aufgrund der hohen Praxisrelevanz neben den gesetzlichen Vorschriften auch jeweils die in der Mustersatzung für einen bestimmten Problemkreis enthaltene Regelung wiedergegeben.

2. Firma

a) Zulässige Firmen

 

Rz. 103

Firmennamen dürfen im Rahmen der gesetzlichen Grenzen frei bestimmt werden.

b) Unzulässige Firmen

 

Rz. 104

Es ist nicht zulässig, in die Firma der Gesellschaft den Rechtsformzusatz zu integrieren. Dieser muss grundsätzlich am Ende des Firmennamens angehängt werden. Zudem ist es nicht zulässig, Namen von bereits bestehenden Gesellschaften zu verwenden. Auch Namen, welche zur Erfüllung eines Straftatbestandes führen, und obszöne oder blasphemische Bezeichnungen dürfen nicht gewählt werden (Sec. 53 ff. CA 2006; The Company and Business Names Regulation 2009/The Company and Business Names (Sensitive Words and Expressions Regulation 2009)).

 

Rz. 105

Weitere Einschränkungen existieren in Bezug auf Firmennamen, die unmittelbar registrierte Marken oder Ähnlichkeiten zu solchen enthalten. Nach dem englischen Wettbewerbsrecht kann der Inhaber einer geschützten Marke jederzeit den Verzicht auf die Verwendung seiner Marke in der Firma einer Gesellschaft verlangen.

 

Rz. 106

Es existieren im englischen Recht Unterlassungsansprüche von Einzelunternehmern oder Personengesellschaften, wenn eine Ltd. denselben oder einen ähnlichen Namen verwendet.

c) Rechtsformzusatz

 

Rz. 107

Englische Ltd.s müssen einen Rechtsformzusatz führen, der entweder im Wort "limited" oder der Abkürzung "Ltd." geführt werden kann. Dieser Rechtsformzusatz muss – wie die Firma der Ltd. insgesamt – auch auf allen Geschäftspapieren und auf jedem von der Gesellschaft stammenden Dokument geführt und an den Geschäftsräumen am Ort des registrierten Sitzes angebracht werden. Dies gilt nach den neugefassten Bestimmungen auch für elektronische Dokumente und die Webseiten.

d) Firmenänderung

 

Rz. 108

Die Firma kann durch eine Änderung der Articles in der dafür gesetzlich vorgeschriebenen Form freiwillig geändert werden. Sec. 79 CA 2006 ermöglicht, in den Articles zu regeln, welche Beschlussmehrheiten hierfür notwendig sein sollen. Die Änderung der Firma muss von den Gesellschaftern beschlossen, dem Register übermittelt und vom Register muss ein geändertes Gründungszertifikat ausgestellt werden.

 

Rz. 109

Der Firmenname wird zwangsweise geändert, wenn der Secretary of State eine Gesellschaft innerhalb von zwölf Monaten nach der Registrierung der Firma hierzu auffordert.

3. Sitz der Gesellschaft

a) Sitz im Inland

 

Rz. 110

Jede englische Gesellschaft muss einen Satzungssitz in England haben (registered office), der ihre Domizilierung als englische Gesellschaft begründet. Mit der Verlegung des Satzungssitzes ist die Auflösung verbunden. Diese Problematik spielte in der Vergangenheit eine Rolle, wenn etwa der Satzungssitz einer Ltd. aus England nach Schottland oder Nordirland beschlossen wurde. Hiervon zu unterscheiden ist der Ort der Geschäftsleitung, der sich auch außerhalb Englands befinden kann.

 

Rz. 111

Verlegt eine englische Gesellschaft ihren Satzungssitz aus England heraus, führt der Wegzug auch zu steuerlichen Konsequenzen. Der Wegzug aus England ist der britischen Finanzverwaltung (Inland Revenue) anzuzeigen. Er wird nach englischem Steuerrecht wie ein fiktiver Verkauf aller Wirtschaftsgüter behandelt, die ...

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