a) Stimmberechtigung

 

Rz. 368

Der CA 2006 regelt nur Gesellschafterversammlungen, an denen Gesellschafter (Anteilsinhaber) stimmberechtigt sind. Das Stimmrecht hängt im neuen Recht nicht mehr direkt davon ab, ob der vom Gesellschafter zu erbringende Beitrag vollständig aufgezahlt worden ist, sondern von der Gesellschafterstellung. Die Aufzahlung des Anteils ist der Regelfall (Table A, Art. 21). Wird ein Anteil von mehreren Gesellschaftern gemeinschaftlich gehalten, muss deren Stimme einheitlich abgegeben werden. Maßgeblich ist gem. Sec. 286 CA 2006 dann die Stimmabgabe des Bruchteils-Gesellschafters, der länger im Register eingetragen ist. Geht ein Anteil auf einen Erben oder Insolvenzverwalter eines Gesellschafters über, hängt die Stimmberechtigung davon ab, ob dieser bereits im Gesellschafterbuch als Gesellschafter eingetragen ist. Ist dies der Fall, kann er abstimmen. Ist er noch nicht eingetragen, bestimmt Art. 27 Abs. 3 der Table A, dass kein Stimmrecht besteht.

 

Rz. 369

Soll gerügt werden, dass ein Gesellschafter bei einer Gesellschafterversammlung mitstimmen will, ohne stimmberechtigt zu sein, ist die Rüge im Rahmen der Gesellschafterversammlung zu erheben und hierüber vom Vorsitzenden zu entscheiden (Table A, Art. 43). Jede Stimme, die ohne Rüge abgegeben wird, ist als gültige Stimme zu werten.

b) Stimmabgabe

aa) Stimmabgabe bei einer Gesellschafterversammlung

 

Rz. 370

Die Form der Stimmabgabe ist grundsätzlich in zwei verschiedenen Alternativen möglich.

(1) Stimmabgabe per Handzeichen

 

Rz. 371

Entweder kann abgestimmt werden, indem jeder anwesende Gesellschafter per Handzeichen (show of hands) abstimmt. In diesem Fall zählt jede Stimme einfach nach Köpfen, selbst wenn ein Gesellschafter mehrere Anteile hält (Sec. 282 ff. CA 2006).

 

Rz. 372

Grundsätzlich bestimmt Art. 42 in Table A, dass im Regelfall per Handzeichen nach Köpfen abzustimmen ist und eine schriftliche Abstimmung beantragt werden muss. Wird per Handzeichen abgestimmt, verkündet der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung das Ergebnis und lässt es in das Protokoll aufzunehmen. Das Protokoll hat volle Beweiskraft dafür, dass die Abstimmung stattgefunden und zu welchem Ergebnis sie geführt hat.

(2) Geheime und schriftliche Abstimmung

 

Rz. 373

Stattdessen kann eine geheime und schriftliche Abstimmung (poll) stattfinden, wenn sie beantragt worden ist. In diesem Fall werden die Stimmen schriftlich abgegeben und danach ausgezählt. Nach Table A, Art. 44 hat jeder Gesellschafter eine Stimme für jeden von ihm gehaltenen Anteil, es sei denn, den Anteilen haften bestimmte Beschränkungen an. Wird geheim abgestimmt, kann ein Gesellschafter, der mehrere Stimmen hat, auch unterschiedlich abstimmen (Sec. 322 CA 2006).

(3) Verfahren

 

Rz. 374

Da grundsätzlich per Handzeichen abzustimmen ist, legen das Gesetz und die Mustersatzung in Table A fest, welche Personen eine geheime Abstimmung beantragen oder anordnen können.

 

Rz. 375

Als Minimumstandard bestimmt das Gesetz in Sec. 321 CA 2006, dass mindestens fünf stimmberechtigte Mitglieder bei einer Gesellschafterversammlung oder ein Gesellschafter, der mindestens 10 % aller Stimmrechte vertritt, oder ein Gesellschafter oder mehrere Gesellschafter, die mindestens 10 % des Stammkapitals repräsentieren, die geheime Abstimmung beantragen können.

 

Rz. 376

Die Mustersatzung in Table A lässt bereits einen Antrag von zwei Gesellschaftern ausreichen und gibt zusätzlich auch dem Vorsitzenden das Recht, eine geheime Abstimmung anzuordnen (Table A, Art. 44).

 

Rz. 377

Die geheime Abstimmung wird vom englischen Gesellschaftsrecht als die rechtlich bindende Abstimmung angesehen. Wird eine geheime Abstimmung beantragt, nachdem bereits über den Tagungsgegenstand per Handzeichen abgestimmt worden ist, ist die Abstimmung per Handzeichen ungültig und der Tagesordnungspunkt als nicht entschieden anzusehen, bis die geheime Abstimmung stattgefunden hat. Die Mustersatzung ermöglicht es in Table A, Art. 44 Abs. 3, eine hierdurch eintretende Schwebelage zu verhindern, indem mit der Zustimmung des Vorsitzenden der Antrag, eine geheime Abstimmung durchzuführen, wieder zurückgenommen werden kann, so dass die Abstimmung per Handzeichen rückwirkend wieder in Kraft tritt.

 

Rz. 378

Kommt es zu einem Gleichstand der Stimmen, sei es in geheimer Abstimmung oder bei einer Abstimmung per Handzeichen, hat der Vorsitzende eine weitere Stimme (casting vote, Art. 13 der Table A). Das Gesetz sieht keine casting vote vor, erlaubt aber diese Bestimmung in den Articles.

bb) Schriftliche Beschlussfassung im Umlaufverfahren

 

Rz. 379

Die Regelungen des CA 2006 sehen die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung nicht als den vom Gesetz gewollten Regelfall an. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass die meisten Vorschriften, in denen Gesellschafterbeschlüsse verlangt werden, davon sprechen, dass diese "auf einer Gesellschafterversammlung" (at a meeting) zu treffen sind. Bereits das englische Fallrecht[77] hat es aber als möglich angesehen, auch ohne eine Gesellschafterversammlung im schriftlichen Umlaufverfahren Beschlüsse zu fassen. Erforderlich ist in diesem Fall ein ausdrücklicher einstimmiger Beschluss (sog. unanimous assent) aller Gesellschafter oder Schweigen, das als Zustimmung gewertet werden kan...

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