Leitsatz

In dieser Entscheidung hat das OLG Nürnberg sich mit der beim Elternunterhalt praxisrelevanten Frage auseinandergesetzt, ob die lastenfreie selbst bewohnte Immobilie Teil des Altersschonvermögens des Pflichtigen darstellt oder nicht.

 

Sachverhalt

Der Entscheidung des OLG Nürnberg lag eine für den Elternunterhalt typische Fallkonstellation zugrunde.

Die im Jahre 1926 geborene und verwitwete Mutter des Antragsgegners lebte in einem Altenpflegeheim. Ihre Einkünfte, bestehend aus Rente, Witwenrente und italienischer Rente, reichten zusammen mit den Leistungen der Pflegeversicherung für die Pflegeheimkosten nicht aus.

Mit Rechtswahrungsanzeige vom 15.7.2008 verständigte der Antragsteller den Antragsgegner von den Sozialhilfeleistungen.

Da der Antragsgegner keinen Unterhalt leistete, machte der Antragsteller mit Klageantrag vom 2.3.2011 aus übergegangenem Recht Unterhaltsleistungen i.H.v. 17.014,68 EUR geltend.

Die Geschwister des Antragsgegners lebten in Italien und wurden nicht in Anspruch genommen. Die weitere in Deutschland lebende Schwester verfügte über kein ausreichendes Einkommen und Vermögen und für den Unterhalt der Mutter.

Der Antragsgegner wohnte in einer im Jahre 1996 zu Alleineigentum erworbenen Eigentumswohnung. Er war als Elektriker angestellt und verdiente im Jahre 2008 nach den von ihm vorgelegten Lohnabrechnungen 27.417,92 EUR brutto.

Erstinstanzlich wurde der Antragsgegner mit Beschluss vom 10.11.2011 verpflichtet, an den Antragsteller rückständigen Unterhalt für den Zeitraum vom 1.1.2009 bis einschließlich 30.11.2009 i.H.v. insgesamt 5.497,78 EUR zu zahlen. Der weitergehende Antrag des Antragstellers wurde abgewiesen.

Beide Beteiligte habe gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt.

Das Rechtsmittel des Antragstellers blieb ohne Erfolg, die Beschwerde des Antragsgegners führte in Abänderung des erstinstanzlichen Endentschlusses zur Abweisung des Antrages auf Elternunterhalt.

 

Entscheidung

Das OLG bejahte grundsätzlich die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners gegenüber seiner Mutter, weil deren Einkommen und Vermögen zur Bezahlung der Kosten des Pflegeheimes nicht ausreichten.

Allerdings lägen die Erwerbseinkünfte des Antragsgegners mit einem bereinigten Nettoeinkommen von 1.121,00 EUR deutlich unter dem Selbstbehalt von 1.500,00 EUR (SüdL 2011, 21.3.3.), so dass der Unterhalt nicht aus dem Einkommen des Antragsgegners geleistet werden könne. Er verfüge auch über kein Vermögen, aus dem er zu Unterhaltsleistungen für seine Mutter in Höhe der nicht gedeckten Heimkosten herangezogen werden könne.

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2003, 1281; BGH NJW 2004, 2306) müsse der Unterhaltsschuldner zwar auf seinen Vermögensstamm zurückgreifen, wenn er den Elternunterhalt nicht aus dem Einkommen erbringen könne.

Die Vermögensverwertungspflicht bestehe aber nicht uneingeschränkt. Auch die sonstigen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners seien zu berücksichtigen. Eine Vermögensverwertung könne nicht gefordert werden, wenn sie für den Unterhaltspflichtigen mit einem unangemessenen wirtschaftlichen Nachteil verbunden sei. Der Unterhaltsschuldner müsse nicht seinen eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich der angemessenen Altersvorsorge gefährden (BVerfG NJW 2005, 1927 ff.).

Beim Elternunterhalt seien die Interessen des Unterhaltspflichtigen danach stärker zu gewichten als beim Kindesunterhalt.

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH FamRZ 2006, 1511) sei der Unterhaltspflichtige berechtigt, neben der Eigensicherung des Lebensbedarfs auch Vorkehrungen zur Sicherung seines angemessenen Bedarfs im Alter zu treffen. Das Altersvorsorgevermögen sei nach der genannten Entscheidung nicht nach einem für alle Fälle geltenden Pauschalbetrag anzusetzen, sondern individuell zu berechnen.

Für angemessen halte der BGH ein Altersvorsorgevermögen, das 5 % des gegenwärtigen Bruttoeinkommens, gerechnet auf die zurückgelegte Arbeitszeit und aufgezinst mit einer üblichen Kapitalverzinsung von 4 % p.a. entspreche. Damit solle das Vermögen geschützt und nicht für den Unterhalt einzusetzen sein, das sich aus einer monatlichen Altersvorsorge des Unterhaltspflichtigen von bis zu 5 % des Bruttoeinkommens, gerechnet auf die Dauer der Berufsjahre einschließlich Kapitalverzinsung ergebe.

Die Form der zusätzlichen Altersversorgung sei dabei freigestellt, so dass alle in Betracht kommenden Anlageformen einschließlich Immobilie gewählt werden könnten.

Verfüge der Unterhaltspflichtige über Grundeigentum, sei zumindest zu berücksichtigen, dass er im Alter keine Mietkosten aufwenden müsste und seinen Lebensstandard deswegen mit geringeren Einkünften aus Einkommen und Vermögen sichern könne (BGH, NJW 2006, 3344).

Das OLG stellte in seiner Entscheidung auf die konkrete Lebensarbeitszeit des Sohnes ab, die 40 Jahre statt der vom BGH gewählten 35 Jahre betrug und verzinste sein monatliches Bruttoeinkommen mit 3 %. Die Verzinsung des Kapitals mit 4 % sei überdies nicht mehr angemessen, weil die Rendite allgemein rückläufi...

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